Hinweis: Wenn Sie diesen Text sehen, benutzen Sie einen Browser, der nicht die gängigen Web-Standards unterstützt. Deshalb wird das Design von Medien Kunst Netz nicht korrekt dargestellt. Die Inhalte selbst sind dennoch abrufbar. Für größtmöglichen Komfort und volle Funktionalität verwenden Sie bitte die empfohlenen Browser.

Themenicon: navigation pathFoto/Byteicon: navigation pathPräsentation
Präsentation
Isabell Heimerdinger
Interiors (Heimerdinger, Isabell), 1997American Psycho (Heimerdinger, Isabell)Terri Watching Gloria again (Heimerdinger, Isabell)Alice (Heimerdinger, Isabell), 2000

Die Serie der »Interiors« (1997-2000) entstand in Los Angeles. Dort wollte ich Filmsets fotografieren, konnte mir den Zutritt aber nur über schon existierende Filme verschaffen. Dabei ermöglichte mir erst das digitale Herausretuschieren der Schauspieler eine freie Sicht auf die Räume. Die über einen längeren Zeitraum entstandene Serie besteht aus drei Gruppen. Die erste nenne ich »American Psycho«: dafür verwendete ich Filme von Stanley Kubrick oder David Lynch, die auf einer sehr psychologischen Ebene angesiedelt sind. Die zweite stammt aus japanischen Filmen von Ozu, aus den 50er und 60er Jahren. Hier sind die Räume vollkommen anders gestaltet, sehr bühnenhaft. Die Filme kommen auch mit wenig Kamerabewegung aus. Die dritte Gruppe, »Italian Horror«, zeigt Räume aus Dario Argento's Horrorfilmen aus den 70er Jahren. Hier sind in einigen Bildern noch die Schatten der entnommenen Figuren zu sehen.

Der eineinhalbstündige Film »Terri Watching Gloria again« (1999) besteht aus nur einer Kameraeinstellung: man sieht die Schauspielerin Terri Phillips auf einem Sofa sitzend, während sie sich ihren Lieblingsfilm »Gloria« von John Cassavetes ansieht. Der Traum einergroßen Schauspielkarriere führte Terri ist als ganz junge Frau nach L.A.; Inzwischen ist sie Künstlerin. In meinem Video gibt sie sich ihrem Wunsch zu Spielen noch einmal hin. Sie spricht die Dialoge teilweise mit, gestikuliert, und am Ende weint sie. Das war mir ein sehr wichtiges Moment, auch für spätere Arbeiten, denn es bleibt offen, ob sie wirklich weint, oder ob es zu ihrem Spiel gehört.

Für meine nächste Videoarbeit, »Alice« (2000), habe ich Rüdiger Vogler engagiert, sich selbst als jungen Mann in »Alice in den Städten« von Wim Wenders' zu betrachten. »Alice« wurde so installiert, dass sah man auf der einen Seite Vogler in einer Projektion sieht; gegenüber, am anderen Ende des Raumes, lief synchron dazu »Alice in den Städten« auf einem Fernseher. Der Betrachter stand genau in der Mitte und musste sich entscheiden, welchem Film er sich zuwendet. Voglers Reaktionen waren sehr minimal, er war sich in jedem Moment meiner Kamera und dem Blick des Betrachters bewusst. Zeitgleich habe ich auch Yella Rottländer, die damals die kleine Alice gespielt hat, gefilmt. Sie schaut sich den Film mit ihren beiden Söhnen an. Gezeigt habe ich aber dann nur ein

icon: top
The space between us fills my hear with intolerable grief  and impossible joy (Heimerdinger, Isabell), 2002Martin as (Heimerdinger, Isabell), 2002Waiting, Acting Waiting (Heimerdinger, Isabell), 2002

Foto, das die Familie in dem Moment zeigt, in dem die Söhne ihre Mutter auf dem Bildschirm erkennen.

Ein drittes Video, »I was Andy Warhols Dracula«, funktioniert nach dem selben Prinzip. Es zeigt Udo Kier, der sich seinen ersten Spielfilm von Paul Morrissey (1974) anschaut. Seine Performance war genial: Er hat sich dem Film hingegeben und zeitgleich seinen Monolog für den nächsten Drehtag einstudiert; er hat sich das ungesündeste Frühstück bringen lassen, das man sich vorstellen kann, flirtete mit dem Kameramann und wurde sentimental beim Anblick seines jungen Gesichtes. Es war ziemlich interessant, ihn dabei zu beobachten.«

Die Videoarbeit »The space between us fills my hear with intolerable grief and impossible joy« (2002) entstand mit dem jungen Berliner Schauspieler Martin Glade. Er hat für mich eine halbe Stunde vor laufender Kamera geweint und im Anschluss daran eine halbe Stunde lang gelacht. Die beiden Videos werden parallel gezeigt. Es war sehr schwer für ihn, diese starken Emotionen so lange aufrecht zu halten. Manchmal geht das Lachen fast in Weinen über und umgekehrt. Zeitgleich entstand auch die Fotoserie »Martin as«(2002), ein Remake einer Douglas Huebler - Arbeit aus den 70 er Jahren, die in Zusammenarbeit mit Bernd Becher enstand. Martin interpretiert die selben, von Huebler vorgegebenen Charaktere. Zu dieser Serie entstand auch ein kleines Künstlerbuch.

»Waiting, Acting Waiting« (2002) ist ein 16 mm Film, der während eines Aufenthalts in Wien mit dem Schauspieler Wolfram Berger entstanden ist. Die Anweisung an Wolfram Berger lautete, einen Schauspieler zu spielen, der auf den Drehbeginn wartet. Während er wartet, werden die Kamera und das Licht eingestellt. Wir haben aber schon gedreht, während er auf unseren Drehbeginn wartete; der Film zeigt also einmal das echte und einmal das gespielte Warten. Die beiden Teile werden hintereinander gezeigt.

»Pose« (2003) ist eine fortlaufende Reihe von Polaroidserien. Ich fotografiere dabei der Reihe nach Personen, die zu uns in die Wohnung kommen. Dabei nimmt immer der erste eine bestimmte Pose ein und die Folgenden bitte ich, jeweils die vorangehende Pose zu imitieren. Die Serien sind unterschiedlich lang, zwischen 20 und 30 Polaroids. Auch die Posen

icon: top
A Day in the Life (Heimerdinger, Isabell)Love Film (Heimerdinger, Isabell)

verändern sich mal mehr, mal weniger.

»Two Films« ist nach »Waiting, Acting Waiting« mein zweiter 16 mm Film. Er besteht ebenfalls aus zwei Teilen und zeigt die Schauspielerin Bibiana Beglau beim Trinken einer Tasse Kaffee. Im ersten Teil simuliert sie das Trinken mit einer leeren Tasse leer; danach spielt sie das, was sie mit der leeren Tasse gemacht hat, mit einer vollen Tasse nach. Der Unterschied ist wirklich erstaunlich minimal. In einer Ausstellung in Paris wurde der Film zusammen mit einer Diaprojektion von 33 Dias gezeigt. Sie zeigt die Hände eines Mannes, der 33 mal ein Streichholz anzündet. In der Überblendung ergibt sich eine ganz neue Bewegung, als würden sich die Hände mit dem Feuer über die Leinwand bewegen. Zwischen den beiden Arbeiten entstand eine fast narrative, poetische Ebene.

Die Fotoserie »A Day in the Life« (2004) entstand wieder in Zusammenarbeit mit Martin Glade. In 15 Bildern wird dessen Tagesablauf scheinbar dokumentarisch gezeigt. Auch hier bleibt offen, wie authentisch oder wirklich dieser Einblick ins Private ist, da Martin Galde Schauspieler ist und das spielen kann. Die Serie wurde von der Berliner Fotografin Nina Lüthfotografiert.

»Für meinen dritten 16 mm Film, »Love Film« (2004), improvisiert Bibiana Beglau zusammen mit dem Schauspieler Thomas Huber eine Liebesszene. Mir war dabei wichtig, dass sich die beiden nicht persönlich kannten. Also agieren da auf der einen Seite zwei professionelle Schauspieler, auf der anderen Seite aber auch zwei Menschen, die sich zum ersten Mal begegnen und nackt zusammen im Bett liegen. Dabei entsteht zwangsläufig eine wirkliche Intimität. Meine einzige Vorgabe war, dass die beiden nach dem Liebesspiel 3 Minuten lang miteinander sprechen. Auch der Dialog ist improvisiert. Er ist sehr leicht und natürlich geworden, was mir gut gefällt. Es gibt dazu englische Untertitel. Ich möchte zu »Love Film« noch zwei weitere Filme drehen: eine Begegnung und eine Trennung. Vielleicht mit den selben Schauspielern.

icon: top