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Form Follows Format
Zum Spannungsverhältnis von Museum, Medientechnik und Medienkunst
Rudolf Frieling
 

Ökonomie der Mittel und materialbezogene Reduktion waren wesentliche Bestandteile der künstlerischen Moderne des 20. Jahrhunderts. Das berühmte Bauhaus-Motto »Form follows function«, wie es zum Beispiel die Architektur Mies van der Rohes verkörpert, beruht auf diesem spezifischen Materialverständnis, aus dem heraus die jeweilige Funktionalität entfaltet wurde. Die KünstlerInnen, die mit den Werkzeugen der Industrie operierten, entwickelten aus den Werkstoffen und vermittels bestimmter Werkzeuge eine diesen jeweils inhärente Form ­ und sie taten dies mit minimalen Mitteln, siehe noch das berühmte Motto des Architekten Adolf Loos: »Ornament ist Verbrechen«. Diese modernistische Haltung hat sich allen postmodernen Theorien zum Trotz bis heute als wirkungsmächtig erwiesen. Welchen Einfluss hat dieses Erbe auf die Geschichte der medialen Künste? Denn es besteht der begründete Verdacht, dass die künstlerische Moderne immer auch schon eine wesentlich anti-technologische Komponente ins Werk setzte.

Die Reflektion technologischer Bedingungen in medialer Form beruht auf einer politischen undökonomischen Geschichte der Verfügbarkeit und Distribution eben dieser Technologien, was zum Beispiel deutlich an den Differenzen zwischen West und Ost zumindest bis etwa Mitte der 1990er Jahre festzustellen ist. Die Option zwischen Technikeuphorie und Aversion stellt sich je nach geopolitischem Standpunkt anders dar. Aber auch im Mikrobereich der individuellen Produktion verbanden sich schon immer ideologische Prämissen mit einem technischen Standard: »Wer U-matic wählt, wählt das Kapital!«[1], hieß noch in den 1980er Jahren eine Parole im Kontext der alternativen Medienarbeit. Eine ganze Reihe von Grabenkämpfen und medialen wie ideologischen Oppositionen ließe sich hier anschließen: Film oder Video, VHS oder U-matic, wie auch ­ mit grundsätzlicheren Implikationen ­ analog vs. digital bis zur aktuellen Diskussion von Microsoft vs. Open Source.

Aber gibt es jenseits aller technischen Formatfragen überhaupt eine Medienkunst oder nicht doch eher eine Kunst der (industriellen) Medien, deren Computerarchitekturen als schön zu betrachten sind, weil ihre Form der Funktion folgt, wie Friedrich Kittler ausführt.[2] Auch wenn die theoretische und

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andere soziale Faktoren ausschließende Position von Kittler inzwischen vielfach kritisiert wurde[3], so verdanken wir ihm dennoch wichtige Impulse. Einer dieser Impulse ist die Frage nach der ›Formatierung‹ und nach den Apparaten des Aufzeichnens, Speicherns, Distribuierens und Präsentierens, mit denen Künstler immer wieder neu konfrontiert sind ­ was Kittler auf den Aphorismus bringt: »Die Schreibmaschine schreibt mit«. Dass die Hardware einen wesentlichen Einfluss auf die künstlerische Gestaltung hat, ist sicher unbestritten, ohne dass dies in einem deterministischen Sinn gesehen werden muss. Die in der Literatur bereits gut dokumentierte Abfolge von inzwischen obsoleten medialen Standards[4] macht darüber hinaus ein Faktum evident: Neue industrielle Standards ersetzen immer wieder alte, ohne dass dies zwangsläufig auf einer Akkumulation technischer Kompetenz beruhte. Heute ist daher der antizipatorische Charakter der Kunst weniger sichtbar, da die Menge an neuer Hard- und Software der Industrie ein Entwicklungstempo gewonnen hat, mit dem auch Medienkünstler kaum noch Schritt halten können. Die Beherrschung der jeweils neuestenProgrammiersoftware verhindert zunehmend die Konzentration auf künstlerische Form und Inhalte. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich daher auch notgedrungen auf genau die technologischen Aspekte, die sich gegen den Verwertungszusammenhang der Industrie richten. Die These ist also implizit immer gegenwärtig, dass es eine Notwendigkeit gibt, sich verfügbare Technologien für genuin künstlerische Zwecke anzueignen, dass es aber andererseits auch immer eine spezifisch künstlerische Praxis ist, gegen die apparativen Bedingungen zu operieren. Insofern könnte man die These zuspitzen, dass sich Kunst mit den Medien auch gegen die Medien richtet.

Der erste Teil dieses Textes widmet sich Aspekten dieser künstlerischen Geschichte technologischer Formate und Plattformen. In einem zweiten Schritt lautet dann die Frage, inwieweit sich aber mit den benutzten Technologien und Medien auch eine Änderung der Kunstrezeption erkennen lässt, wie Walter Benjamin das schon für den Einfluss der massenmedialen Verbreitung von Kunstreproduktionen angemerkt hat. Und inwieweit lässt sich dies mit einer Geschichte der Orte und Institutionen verbinden, an

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denen mediale Kunst produziert und/oder präsentiert wurde? »When Attitudes Become Form: Live in Your Head« ­ Harald Szeemanns berühmte Berner Ausstellung zur Propagierung von Konzeptkunst, Minimal und Land Art 1968[5] ­ reflektierte nichttechnologische Faktoren einer sozialen oder ästhetischen Praxis und stellte die Frage nach neuen, differenten Modellen der Kunstpraxis.

Man kann heute eine grundsätzliche Verschiebung beobachten: vom Widerstand der modernistischen Traditionalisten und der Museen hin zur fast selbstverständlichen Akzeptanz neuester Technologien wie etwa des DVD-Standards und der fast durchgängig eingesetzten Videogroßprojektion. Nun gelten Künstler, die ausschließlich mit Video arbeiten, nicht mehr als ›Videokünstler‹, denen immer der Verdacht anhaftete, keine genuin künstlerische, sondern ›nur‹ eine mediale Form zu finden.[6] Das Museum wie auch das auratische Kunstwerk schienen einerseits durch die kunsttheoretischen Diskurse diskreditiert und außer Kraft gesetzt. Douglas Crimps Schlussfolgerung lautet daher, dass das Museum nicht mehr der prädestinierte Ort für zeitgenössische Kunst per se ist:»Wir brauchten, wie mir schien, eine Archäologie des Museums nach dem Modell der Foucaultschen Analysen der Irrenanstalt, der Klinik und des Gefängnisses. Denn das Museum schien ebenfalls ein Raum der Ausschließungen und Eingrenzungen zu sein.«[7] Der konkrete Auslöser der hier versammelten Reflektionen ist andererseits die aus heutiger Sicht vollkommen reibungslose Akzeptanz zumindest der Videotechnologie im Ausstellungs- und Museumsbereich, die zu einer ganzen Reihe von videobasierten Ausstellungen geführt hat und junge Künstler wie Doug Aitken, Jordan Crandall, Douglas Gordon, Steve McQueen, Paul Pfeiffer oder Marijke van Warmerdam zu Shootingstars der Szene hat werden lassen.[8] Die Museen haben sich inzwischen also nach einer langen Phase des Widerstandes endlich auch die technologische Kunst einverleibt. Welche veränderten Bedingungen können diese Entwicklung erklären? Welcher Paradigmenwechsel hat da stattgefunden? Im Folgenden werden anhand von zentralen Momenten und Ausstellungen der Kunst mit Medien und in den ersten drei Kapiteln die Formate und Haltungen (»attitudes«) skizziert, die wiederum die Wahrnehmung

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Pepsi Pavillon für die Expo '70 (E.A.T. – Experiments in Art and Technology), 1970

elektronischer Medien nachhaltig beeinflusst haben.[9] Es wird anhand der nicht-musealen ›offenen Form‹, dem ›geschlossenen Format‹ alternativer Distribution und schließlich dem ›Museumsformat‹ nach dem spezifischen Spannungsverhältnis zu den Medien gefragt. Die Schlusskapitel widmen sich der Öffnung des Museumsformats zur Plattform und zu den hybriden ›soften‹ Formen zeitgenössischer medialer Räume.

Die offene Form

Die Krise der musealen Repräsentation wird erkennbar an den Strategien, das Museum auf seine sozialen und materiellen Bedingungen hin zu untersuchen ­ siehe etwa Hans Haackes vielfältige und konfliktreiche Aktionen etwa zu Strukturen und Finanzierungen der Museen ­ oder es komplett zu umgehen und als unvereinbar mit der Suche nach neuen sozialen Kontexten zu begreifen ­ siehe die Diskussion zu Kontextkunst, Kunst als Dienstleistung, Club und Ambiente et cetera in den 1990er Jahren. Die Medienkunst siedelte sich genau an dieser Bruchlinie an. Als eines der komplexesten und frühesten Beispielesei hier die Aktivität des Vereins Experiments in Art and Technology (E.A.T.) erwähnt, der wesentlich vom Zusammenschluss von Ingenieuren und Künstlern lebte ­ mit Billy Klüver einerseits und Robert Rauschenberg andererseits als aktivste Mentoren und Motoren dieser Gruppe. Ihr Credo lässt sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner bringen, dass eine neue künstlerische Aktivität nur im Dialog von Techniker und Künstler, von Industrie und Kunst entstehen kann. Dieser Einsicht haben sie eine ganze Reihe von bemerkenswerten und historisch einflussreichen Projekten und Events folgen lassen, die sich zwar nicht per definitionem gegen das Museum als Ort der Kunst richteten, sich aber de facto an Orten jenseits des Kunstkontextes manifestierten. Das prägnanteste Beispiel war die industrielle Arena par excellence, die Weltausstellungen, wie sich vor allem am berühmten Pepsi-Pavillon[10] zeigen lässt, dessen künstlerischer Leiter Robert Breer eine vollkommen neue Sinneswahrnehmung versprach: »[…] wir bemühen uns ernsthaft, die einzelnen Sinne zu isolieren und neue Verknüpfungen unter ihnen zu kreieren. Die Besucher

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sollen unterhalten werden, aber auch eine tiefe physiologische Erfahrung machen, die sie unsere Umwelt bewußter wahrnehmen läßt.«[11]

1968 war nicht nur in politisch-sozialer Hinsicht ein Paradigmenwechsel.[12] Um dieses Jahr herum lassen sich sowohl in Bezug auf die Massenmedien[13] als auch auf die darstellenden und bildenden Künste performative Ereignisse ausmachen, die Gene Youngblood 1970 in »Expanded Cinema« zusammengestellt hat. 1968 zeigte Bruce Nauman sein allererstes Videoband in der Nicholas Wilder Gallery in Los Angeles, präsentierte der Galerist Howard Wise in New York seine erste Medienausstellung »TV as a Creative Medium«, organisierte Jasia Reichardt die Ausstellung »Cybernetic Serendipity« im ICA in London.

1968 sah aber auch den ersten Versuch, mediale Projekte und Experimente ­ von Kunst wollte nicht jeder sprechen ­ in einer großen Überblicksschau zu zeigen: »Some More Beginnings« der Gruppe E.A.T. Bemerkenswerterweise war dies auch der Ort einer Verknüpfung zweier unterschiedlicher Präsentationsmodi, da einige jurierte Objekte und Arbeiten parallel in der musealen Ausstellung»The Machine as Seen at the End of the Mechanical Age« (1968) des Museum of Modern Art in New York unter der Regie von Pontus Hulten zu sehen waren. Das heißt, es wurde nicht nur die Medialität der künstlerischen Produktion demonstriert, indem das Werk in zweifacher Ausführung parallel ausgestellt wurde und die Frage nach Original und Kopie anschaulich stellte, sondern auch der Kontext war ein jeweils unterschiedlicher. Während »Some More Beginnings« gerade die Vielfalt der Kooperationen zwischen Kunst und Technik in einer panoramaartigen Überblicksausstellung zeigte, versuchte das MOMA, einigen ausgewählten Arbeiten durch den historischen Rahmen einen auratischen Aspekt zu verleihen. Das Objekt und das Kunstwerk standen im Mittelpunkt ­ und eben nicht die Praxis und offene, laborähnliche Versuchsanordnung. »Some More Beginnings« demonstrierte aber auch ­ notgedrungen ­ die prekäre Situation derjenigen, die sich mit einer nicht immer funktionierenden und im Versuchsstadium befindlichen Technologie an die Öffentlichkeit wagen. Es existiert eine Statistik, zum graduellen technischen Ausfall der Arbeiten über die Zeit.[14] Die Nacherzählung

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Homage to New York (Tinguely, Jean), 1960Open Reel (Martinis, Dalibor), 1976

der Begegnung Billy Klüvers mit dem obsessiven Apparatekünstler Jean Tinguely anlässlich ihrer Kooperation bei »Homage to New York« (1960) gehört zu den eindrücklichsten Zeugnissen dieser spannungsgeladenen Verhältnisse und Verkörperungen produktiver Dysfunktionalität.

Vom »offenen Kunstwerk« (Umberto Eco) und den musikalischen Praktiken John Cages führt eine Verbindung zu den prozesshaften ersten Videoexperimenten mit der so genannten ›offenen Spule‹, dem ›open reel‹, von SONY für seine CV- und AV-Portapak Halbzoll-Videogeräte, dem ersten portablen elektronischen Format, das ­ einer Legende zufolge ­ von Nam June Paik 1965 im Cafe Au GoGo erstmals der künstlerischen Öffentlichkeit präsentiert wurde.[15] Die 30- oder 60-minütigen Bandlängen, anfangs ohne Schnitt- oder gar Nachbearbeitungsoption, eigneten sich zum mobilen Produzieren und zum Aufzeichnen nicht-dramaturgischer, offener Prozesse. Es handelte sich bei den Bändern von Bruce Nauman oder Vito Acconci um situative Prozesse oder eben ›Haltungen‹, deren Beginn oder Ende keiner filmischen oder theatralischen Logikfolgten.[16] Auf besondere Weise demonstriert jedoch die Videoperformance »Open Reel« von Dalibor Martinis (1976), wie die Instabilität des elektronischen Signals, technisch oft bedingt durch die ungleichmäßige Bandspannung, als dezidiert künstlerisches Moment eingesetzt werden kann.

Offene Prozessualität lässt sich also schon beim linearen Aufzeichnungsmedium Videoband erkennen, so dass es nicht verwundert, wenn in Bezug auf die ersten medienkünstlerischen Praxen, sei es als Bandproduktion oder als mediengestützte Installation oder Performance, die Frage nach der Kunst aus Sicht der Traditionalisten gestellt wurde. In der Tat haben Kritiker technologischer Ausstellungen ­ von E.A.T. Mitte der 1960er Jahre bis zur ZKM-Ausstellung »net_condition«[17]17 1999­2000, der ersten großen Überblicksausstellung zu künstlerischer und politisch-sozialen Aspekten des Internets ­ immer wieder einen behaupteten, aber nicht eingelösten Kunstanspruch moniert. Das Dilemma zieht sich durch 40 Jahre Geschichte der Medienkunst: Ist es Kunst oder ist es ›bloßes‹ technologisches Experiment im Rahmen der industriellen Formate? In ihrer medialen Fixierung

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Die Fernsehgalerie (Schum, Gerry), 1968

erscheinen viele Experimente retrospektiv zu Recht als technische Phänomene, die mehr den Stand der industriellen Hard- und Software einer bestimmten Zeit spiegeln als ein genuin künstlerisches Interesse, während andererseits heute die Elektronik zu einem selbstverständlichen Element einer breiten künstlerischen Praxis geworden ist und die Kunst nicht mehr den medialen Aspekt in den Vordergrund stellen muss. Wie sehr die Konfrontation mit einer traditionellen Museumspolitik eigene Dynamiken erwirkte, lässt sich im nächsten Abschnitt an der Ausbildung des Genres Medienkunst ablesen.[18]

Das geschlossene Format: Distribution/Massenmedien

Der Verlust des tradierten Begriffs vom auratischen Original und abgeschlossenen Werk rüttelte an den Grundfesten des Kunstmarktes und der Kunstgeschichte, wie es, beginnend mit Walter Benjamins berühmtem Aufsatz von 1936 »Das Kunstwerk im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit«[19], oft beschrieben wurde. Es zeigte zusätzlich deutlich, dass auch ein anti-institutioneller Impuls und die Krise der musealen Repräsentation von Anfang an mit der Medienkunst verbunden waren. Die Mächtigkeit dieserKonstellation erwies sich auf andere Weise auch an Versuchen, eben diese massenmedial zu umgehen. Wieder ist es die Zeit um 1968, die für die Grenzziehung wie auch die Grenzüberwindung paradigmatisch wird. Noch heute gilt auch international Gerry Schums »Fernseh- und Videogalerie«[20] als visionäres Modell einer anderen Kunstdistribution. Nach dem Scheitern der Fernsehgalerie versuchte Schum, zunächst mit großer öffentlicher Resonanz, über Umwege die Limitierung einer Edition und die massenhafte Verbreitung der einzelnen Kunstwerke miteinander zu versöhnen: »Zu den Video-Tapes gehört ein signiertes und nummeriertes Zertifikat.«[21] Dies kann man seinen offensichtlich notwendigen »Informationen zum Videosystem« (1972) entnehmen. Schum warb parallel auch mit den Museen, die sich schon zur Anschaffung eines Halbzoll-Videosystems von SONY entschieden hatten, um gerade die noch unentschlossenen Institutionen ebenfalls zu überzeugen. Zur gleichen Zeit macht Howard Wise aus seiner Galerie den weltweit ersten Vertrieb für Videokunst Electronic Arts Intermix,[22] der bis heute gerade für die Klassiker der Videokunst der 1970er Jahre ein zentraler Motor

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geblieben ist. Wenn man bedenkt, dass ebenfalls 1972 beim Neuen Berliner Kunstverein bereits die erste Videosammlung institutionell gegründet wurde und David Ross in den USA ein Jahr zuvor der erste Videokurator am Everson Museum of Art Syracuse [23] geworden war, dann scheint ein wenig das innovative Potential jener Jahre durch, zwischen massenhaftem Vertrieb und künstlerischer Sammlung alle Optionen der medialen Kunst auszuloten.

Die noch ungelöste Frage war: Funktioniert der Vertrieb wie ein Buchverlag, der auf Masse setzt, oder wie ein Filmproduzent, der einen eigenen Abspielmarkt bedient, oder doch wie eine Galerie mit Sammlereditionen?[24] Es setzen sich im Sinne Marshall McLuhans nicht nur die alten Medien in den neuen fort, auch die Produktions- und Rezeptionsstrukturen werden in einem ersten Schritt auf die neuen Medien übertragen.[25] Die Versuche, alte verlassene oder neue öffentliche Orte für diese Kunst zu reklamieren oder zu schaffen, gehört daher auch zu den durchgängigen Charakteristika der Medienkunst.[26] Die Lektion vor allem des letzten Jahrzehnts und seiner mühelosen Integration von Video imAusstellungskontext besteht paradoxerweise darin, dass sich das unendlich reproduzierbare Medium Video letztlich doch einer Auratisierung des Kunstwerks nicht sperrt, solange es im Museum als Einzelwerk und installativ ausgestellt werden kann. Aber auch wenn schon früh Einzelfälle etablierter wie jüngerer KünstlerInnen, dem Beispiel Andy Warhol folgend, die Rede vom nicht-auratischen Medium ad absurdum führten, war die grundsätzliche Problematik über lange Zeit dominierend: 1. Bildende Kunst: Das Museum und der Sammler trauten weder dem Kontrakt des Galeristen noch der Zuverlässigkeit der neuen Technologie Video; 2. Film- und Kinomarkt: Die klassischen wie auch experimentellen FilmemacherInnnen kritisierten das in ihren Augen billige und schmutzige Medium Video für seine schlechte Bildqualität gegenüber dem Zelluloid; 3. das Fernsehen hatte von Anfang an ein untrügliches Gespür dafür, dass die Medienkunst auch hinter der schillerndsten Oberfläche immer eine kritische Anti-TV-Haltung transportierte, was schließlich ja auch in dem pointierten Slogan »TV ? VT« der documenta 6 kulminierte.[27]

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Histoire(s) du cinéma (Godard, Jean-Luc), 1988Kassettenkataloge (Bódy, Gábor)

Siegfried Zielinski hat in seinen Publikationen der 1980er Jahre detailliert aufgefächert, wie sehr die »Geschichte des Videorecorders« seit Mitte der 1970er Jahre und mit aller Macht seit der Etablierung des massenhaft verfügbaren VHS-Standards 1975 zu einer ganz neuen Praxis künstlerischer Appropriation führte.[28] Das klassische Fernsehen wird mit dem ›Durchlauferhitzer‹ Videorekorder potentiell destrukturiert, zeitversetzt rezipiert, von Künstlern überhaupt erst als reicher Materialfundus ›gefunden‹ und weiterverarbeitet beziehungsweise als Film auf Video von Raubkopisten in der Videotheke um die Ecke feilgeboten. Die Videobänder von Klaus vom Bruch oder auch die filmische Arbeit von Jean-Luc Godard besonders in seinen »Histoire(s) du Cinéma« (1988­1998) wären ohne die private Speicherung der Mediengeschichte durch Fernsehen und Film nicht denkbar. Der Begriff ›Found Footage‹ konnotiert in der Folge nicht mehr die mühsame Recherche in Archiven, sondern die Programmierung des Videorekorders. Eine ganze Kulturgeschichte wird plötzlich greifbar als alltägliche Verfügungsmasse für die Heimproduktion. Die Sender reagieren in der Folge und ›signieren‹ ihreBilder mit dem Sendelogo, dem massenmedialen Relikt einer künstlerischen Signatur ­ was heute dem Gebrauch der ›Wasserzeichen‹ für Bilder im Internet entspricht. Die industrielle Massenproduktion von Videokassetten verbesserte nicht nur die prekäre Praxis der offenen Spulen zu einem einfachen ›Plug-and-Play‹, sondern förderte in der Folge des TV-Booms der 1980er Jahre und der Diversifizierung in kommerzielle und öffentliche Kanäle eine Breitenwirkung, die auf künstlerischer Seite zu einer ebensolchen Diversifizierung von Festivals und Foren führte. Das Format der U-matic-Kassette garantierte dabei für einen Zeitraum von etwa 20 Jahren einen de facto universalen Standard, der ­ siehe »Wer U-matic wählt, wählt das Kapital!« ­ nur noch gelegentlich technisch oder ideologisch in Frage gestellt wurde.

Die Kassettenform, so kann man das Argument zuspitzen, förderte den Austausch von Information jenseits der etablierten und den elektronischen Experimenten verschlossenen Märkten und wurde auch visuell zum Markenzeichen einer ganzen Kunstform ­ siehe etwa die Legion von Kassettenkatalogen. Das beste Beispiel ist die 10-jährige Geschichte des

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›Informationsspeichers‹ Infermental, dessen 11 Editionen heute als Dauerleihgabe der Editoren in der Sammlung der ZKM Mediathek zu sehen sind. Dieses Magazin in Kassettenform, von Gábor Bódy 1982 gegründet, operierte in Galerien ebenso wie im Rahmen von Filmfestivals, Kunstvereinen, Buchmessen oder anderen opportunen Orten. Ein komplexes und ständig wachsendes Netzwerk von Editoren und Künstlern förderte de facto das Reklamieren ›eigener‹ Foren. Auch hier sind wiederum die Gleichzeitigkeit und das ›morphologische‹ Feld bemerkenswert. Zwischen 1980 und 1982 entstanden die meisten der vor allem europäischen Videofestivals in Locarno, Den Haag, Bonn, Montbéliard sowie die Ars Electronica in Linz.[29] Diese Festivals fungierten als Ausstellung, Kino und Markt, oft in unscharfer Abgrenzung vom Charakter einer Industriemesse, ohne jedoch jemals eine wirklich kommerzielle Bedeutung zu erlangen. Erst die in den 1990er Jahren massenhafte Verbreitung von Events, Konferenzen, Ausstellungen und anderen auf den Diskurs der Medienkunst bezogenen Aktivitäten ermöglichte einigen Akteuren ein finanzielles Auskommen. Ein wichtiges Fazit lautet daher, dass mitder Praxis der unabhängigen künstlerischen Videoproduktion die Utopie eines freien und gegenseitigen Austauschs von Information verbunden wurde, die insofern immer auch eine Schattenseite hatte, als die breite Öffentlichkeit darin das Bild eines kommerziell ›wertlosen‹ Produkts bestätigt sah. Die Folge war: Für Videokunst wollte niemand bezahlen, ihr höchstens ein kostenloses Forum etwa im Fernsehen bieten. Dieser Konflikt wiederholte sich auf einer anderen technologischen Plattform noch einmal in der ersten Phase des Internets[30] und der heutigen Diskussion um die Anreize für Sammler und Museen, Netzkunst zu sammeln.[31]

Das Museumsformat

Bisher lag der Schwerpunkt der Argumentation auf den Produktions- und Distributionsformaten. Für die Museen lag die Problematik jedoch vor allem in der Verbindung mit der Frage nach den Formen der Präsentation, die sich den tradierten Gewohnheiten entgegenstellten: zum Beispiel durch die Frage nach dem Monitortyp ­ ist er nun Teil des Kunstwerks oder nicht? ­ oder durch die Lautstärke der Tonspur, die

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The City of Man (Die Stadt des Menschen) (Viola, Bill), 1989Cremaster 1 (Barney, Matthew), 1995

dann auch oft praktischerweise am Monitor von der Aufsicht leiser gestellt wurde. Aus der Perspektive der 1980er Jahre und seiner Kultur der narrativen oder experimentellen Einkanalarbeit im Format des Videobandes für die Rezeption qua Monitor (sei es im Fernsehen oder in der Galerie) stellt der Einsatz der Großprojektion für narrative Einkanalarbeiten die Frage nach der Wertigkeit von technologischen Anordnungen heute neu. Hat sich unsere Wahrnehmung verschoben oder ist heute eine Projektion schlicht besser verkäuflich als eine Präsentation auf einem Monitor?[32] Oder liegt dem ein nachhaltiger Siegeszug des Expanded Cinema und dem Bedürfnis nach Immersion[33] zugrunde? Ist der Vormarsch des raumfüllenden projizierten Bildes einerseits eine Konsequenz aus der immer wieder kritisierten Nähe zum Fernsehbild, wenn es im Monitor ›erscheint‹, und andererseits eine Folge der übermächtigen ikonografischen Tradition? Wie sehr der Effekt der Musealisierung eine Akzeptanz von technologischen Mitteln fördert, ist am Siegeszug des technischen Mediums Fotografie im ›Kunstfoto‹ seit den 1980er Jahren ebenso abzulesen wie an der fraglosenAkzeptanz eines Fernseh- oder Zeitungsbildes im Medium Malerei, wie der teuerste Gegenwartskünstler, Gerhard Richter, eins ums andere Mal bewiesen hat.[34]

Während das mangelnde Vertrauen der Sammler und Käufer in die vertraglichen Bedingungen einer Videoedition noch zu Zeiten von Gerry Schum ein Grund des Scheiterns seiner Videogalerie war, können raumbezogene Videoinstallationen auch in ihrer Reduktion auf eine einfache Einkanalprojektion erfolgreich vermarktet werden. Die auratisierende museale Präsentation und der damit steigende Marktwert überlagern die Vorbehalte gegenüber dem Medium. Drei künstlerische Positionen verdeutlichen die Bandbreite kommerziell erfolgreicher Inszenierung: von der bildenden Kunst und seinem konkreten Raum- und Materialbezug zum projizierten Videotape (Rosemarie Trockel), von der narrativen Tapeproduktion zum kunsthistorisch aufgeladenen Museumstafelbild (Bill Viola »City of Man« 1989) und nun auch vom exzentrischen Film zur Verflechtung mit klassischer Bildhauerei und marktgängiger Verwertung (Matthew Barney »Cremaster Cycle« 1994­2002).

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Projekt \'74: Text des Videokatalogs (Projekt '74), 1974

Die Dominanz des auch in der Breite wahrzunehmenden Siegeszugs des Mediums Video im Ausstellungswesen der 1990er Jahre beruht auf einer veränderten technologischen Basis, da KünstlerInnen wie Museumstechniker von den neuen, billigeren und einfacheren technischen Apparaturen profitieren, die sie zunehmend unabhängiger vom Know-how der Medienfachleute und der Elektronikindustrie machen. Einen kleinen Datenprojektor kann sich inzwischen fast jeder leisten.

Doch zu Beginn der 1970er Jahre war dieser ganze elektronische Komplex für viele Museumsleute eine Black Box, um nicht zu sagen ein schwarzes Loch, das nicht nur sein ›Nicht-Funktionieren‹ androhte, sondern geradezu Angst machen konnte, so dass sich E.A.T. veranlasst sah, quasi-staatliche Expertisen zur Sicherheit der technischen Exponate zu erstellen[35]. Dennoch wird in jener Zeit offensichtlich, dass auch die Museen auf die einfache Tatsache reagieren müssen, dass Künstler die Mediengesellschaft medial reflektieren. Dass die Dokumentation und Kontextualisierung einer Ausstellung zeitbasierter Medienarbeiten idealerweise auch mit dem MediumVideo gelingen kann, setzte erstmals die umfassende und in dieser alle Formen repräsentierende Ausstellung »Projekt 74«[36] in Köln um: Mit Hilfe der Produzentengruppe des Lijnbaancentrums Rotterdam wurde der erste Katalog als Videotape mit dem ganz neuen semi-professionellen U-matic-Standard vertrieben. Wulf Herzogenrath, der damalige Direktor des Kölnischen Kunstvereins, wurde in der Folge auch durch Ausstellungen wie »Nam June Paik« (1976), »Film als Film« (1977), »Videokunst in Deutschland 1963­1982« (1982) und schließlich »Video-Skulptur retrospektiv und aktuell 1963­1989« (1989) zu einem Mentor der medialen Künste.

Die Geschichte der documenta in Kassel lässt sich in vielerlei Hinsicht als Seismograf und Antizipation zentraler Strömungen der Kunst lesen. So sind sowohl die documenta 6, die so genannte Mediendocumenta von 1977, als auch die documenta 8, 1987, Meilensteine im Verständnis des Umgangs mit dem elektronischen Format. Während 1977 noch der konzeptuelle, performative und massenmediale öffentliche Zugang im Zentrum der Beschäftigung mit Video stand, etablierte sich 1987 eine Kunstform, die zwei Jahre später in der

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Tempo Liquido (Flüssige Zeit) (Plessi, Fabrizio), 1989Les larmes d\'acier (Die Tränen aus Stahl) (Lafontaine, Marie-Jo), 1987Global Groove (Paik, Nam June), 1973

großen Überblicksausstellung zur Videoskulptur kulminierte. Diese Mega-Ausstellung machten zugleich ein finanzielles wie technologisches Handicap der Videokunst deutlich: die Abhängigkeit von Sponsoren aus der Industrie, ohne die keine grössere Ausstellung zu finanzieren war. Die öffentliche Aufmerksamkeit konnte jedoch wohl kaum früher erfolgen, da erst die Diversifizierung, Kommerzialisierung und Popularisierung der westeuropäischen Fernsehlandschaft im Schlepptau von MTV in den 1980er Jahren den Boden bereitet hatte. Monumentale Installationen von Fabrizio Plessi, »Tempo Liquido« (1993), oder Marie-Jo Lafontaine, »Les larmes d'acier« (1987), setzten mit Macht visuelle Verführungskünste ein, die sich sowohl aus dem Arsenal postmoderner Bildinszenierung bedienten wie auch auf den Effekt der Re-Musealisierung medialer Kunst zielten. Eher kritisch operierende Positionen wie Marcel Odenbach, Klaus vom Bruch oder Dara Birnbaum profitierten zwar von der Popularitätswelle, konnten aber keine spezifisch neuen Akzente mehr setzen. Video hatte sich vom konzeptuellen zum sinnlichen Medium gewandelt, mit den Elementen des Fernsehens wie der Kunstgeschichte zitatweise souverän spielend.Gegenüber der Flüchtigkeit der reinen »Immaterialien«, wie die berühmte Ausstellung des postmodernen Theoretikers Lyotard 1985 hieß[37], beharrte die Videoskulptur auf dem Materiellen der Skulptur, so dass auch im Kontext der Videokunst ein traditioneller Begriff des auratischen Originals Einzug hielt und kommerzielle Erfolge zeitigte. Die über einige Jahre nun herrschende Dominanz des Skulpturbegriffs im Zusammenhang mit der Medienkunst war ein populistischer Rückschritt ­ sei es aus Gründen der Vermarktung oder, wie Vito Acconci schon früh vermutete, des schlechten Gewissens[38] ­, der sich in den 1990er Jahren beinahe so schnell dem Wandel des Kunstverständnisses beugen musste, wie zuvor die schnell verheizten neo-expressiven Maler. Installationen begannen, sich von allen Referenzen auf den realen Objektcharakter eines Werks zu befreien und eine Ära der reinen Bildinstallation, linear oder interaktiv, einzuläuten.

Gleichzeitig wurde immer deutlicher, dass ein Werk in immer neuen Konfigurationen kontextbezogen präsentiert werden konnte: Nam June Paiks »Global Groove« (1973) verwandelte sich von einer Fernseharbeit in ein lineares Videotape und schließlich

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TV-Garden (Paik, Nam June), 1974The Exquisite Mechanism of Shivers (Seaman, Bill), 1991Hello? (Oursler, Tony), 1996

in das vervielfachte Bildmaterial für seine Videoinstallation »TV Garden«, Bill Seaman präsentierte »The Exquisite Mechanism of Shivers« (1991­1994) erst als Videotape, dann als projizierte Installation, schließlich als interaktive Neukonfiguration auf CD-ROM und als Rauminstallation. Das Neuformatieren, so scheint es, ist ein wesentlicher Aspekt medialer Kunst. Dies wirft Fragen für die ›gültige‹ Museumspräsentation auf.

White Cube ­ Black Cube

Schaffen und erforschen die Medienkünstler nicht nur neue Präsentationsformen und Räume, sondern auch ihre eigenen Arbeitsmittel, oder benutzen sie nur existierende Werkzeuge? Anfang der 1980er Jahre schienen neu entwickelte Synthesizer und technologische Experimente etwa von Paik oder Steina und Woody Vasulka von nur noch marginaler Relevanz. Nicht die Erforschung der Vektoren der Bildproduktion, sondern das Interesse an Inhalten und einer subjektiven wie narrativen Bildsprache in einem gegebenen Rahmen interessierte Künstler wieKlaus vom Bruch, Gábor Bódy, Marcel Odenbach oder Ingo Günther. So wie in den 1980er Jahren der neutrale ›White Cube‹ einen puristischen Standard im Ausstellungswesen durchsetzte,[39] sorgte der ›Black Cube‹-Monitor von SONY für neutrales Design und standardisierte Bildgrößen.

Mit der Einführung immer lichtstärkerer Projektoren änderten sich auch die Dimensionen der Rauminstallationen, so dass die Künstler ihr Rahmenformat nun selber bestimmen konnten. »Size matters« ­ vom Fuji-Miniprojektor, vom amerikanischen Künstler Tony Oursler geradezu zum Markenzeichen seiner skulpturalen Ensembles erkoren (»Hello?>«, 1996), den Laserinstallationen Paiks bis zur großformatigen Installation Bill Violas oder zum großen elektronischen Kinoprojektor: Die Formatfrage ist seit den 1980er Jahren nicht mehr an den Monitor auf dem Sockel gebunden, der die vermeintlichen Ursprünge aus dem Fernsehkontext transportiert. Das elektronische Bild hat sich in vielfältige Präsentationsformen ›emanzipiert‹. Auch der dunkle Raum ist immer weniger eine notwendige

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Anthro-Socio (Nauman, Bruce), 1992

Voraussetzung. Das Tageslicht des Museums und die dadurch mögliche Nähe zur oder die Konfrontation mit der Malerei werden zur realen Option.[40] Die Werkschau von Bill Viola 1992 in der Kunsthalle Düsseldorf veranschaulichte in prägnanter Form die Suche eines Künstlers nach einem neuen installativen Format. Neben der Skulptur auf Sockel und den großformatigen Rauminstallationen experimentierte er auch mit den ganz neuen winzigen Fuji-Projektoren und entwarf eine Reihe von minimalen postkartengroßen Wandarbeiten, die sich jedoch angesichts des Erfolgs der Großprojektion in keiner weiteren Retrospektive des Künstlers wiederfanden. Die kleine Geste begünstigte gerade nicht den Wunsch nach Immersion, wie er von Oliver Grau ja auch historisch aufgezeichnet wird. Eine Technologie, die sich jedoch sofort auf dem Ausstellungsterrain durchsetzen konnte, ist das Plasma-Display mit Wandaufhängung im Format 16:9. Wie verführerisch die Konnotation ›Wandbild‹ ist, lässt sich auch daran erkennen, dass die nicht im Breitband-Format produzierten Videobänder lieber in die Breite verzerrt präsentiert werden, als den Vorteil desbildschirmfüllenden Bildes aufzugeben. Der Verdacht liegt nahe, dass es vielleicht keiner gemerkt hat ­ was wiederum ein Licht werfen würde auf die Art und Weise, mit welcher Aufmerksamkeit wir das ständig wechselnde elektronische Bild betrachten.

Und während Microsoft heute in einem umfassenden Sinn der Verbindung von Hardware und Software die Diskussion vor allem der ›net community‹ als Antipode beherrscht, dominierte SONY die Anfänge der Medienkunst technologisch.[41] In den 1980er Jahren wurden diese monopolistischen Verhältnisse immer evidenter. Mit den Jahren wurde auch die Kritik an der zunehmenden Musealisierung der Medienkunst immer lauter: »Musealisierung ­ für einige die beste Option, um eine relative Autonomie vom Markt zu erhalten ­ grenzt die Matrix der sozialen Negativität von Video, wie sie die Frühphase charakterisierte.«[42] Was Martha Rosler schon 1986 mit einer gewissen Verbitterung einklagt, lässt sich wohl nicht als dem Medium inhärent ahistorisch festschreiben. Als ein Beispiel für Musealität wie auch »soziale Negativität« lässt sich Bruce Naumans »Anthro-Socio« auf der documenta 9, 1992, interpretieren. Jan Hoet platzierte

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sie sogar am Eingangsportal zur gesamten Ausstellung. Dieses künstlerische Statement für die modulare Arbeit mit Monitor und Projektor und die unprätentiöse Integration der Technologie samt Verpackungsmaterial in die Installationsarchitektur steht in krassem Gegensatz zur Verführungskraft von Bildräumen. Paradoxerweise gehörte gerade diese Arbeit ­ neben vielen anderen Installationen Bruce Naumans vorher und nachher ­ zu den auch kommerziell erfolgreichsten Werken der jüngeren Kunstgeschichte. »Anthro/Socio« mit seinem penetranten Ton passt sich nur schwer einem privaten Wohnambiente an ­ die Installation ist immer schon für den öffentlichen Raum des Museums intendiert. Mediale Installationen fungieren in der Regel als Relais zwischen einem (medialen) Begriff von Öffentlichkeit und einer subjektiven Sicht der Welt. Wie sehr diese Subjektivität sich aber nur noch in und durch Medien verkörpern kann, davon zeugen sowohl die utopischen Entwürfe der frühen Medienkünstler wie Nam June Paik oder Stan VanDerBeek als auch die Aktivisten der ›taktischen Medien‹, die sich vom »offenen Kunstwerk« verabschiedet haben, um eine ›offene Plattform‹ zu aktivieren.

Von der Form zur Plattform

Neben der Artikulierung individueller künstlerischer Positionen geht es vielen Künstlern parallel immer auch um ›public access‹, das heißt den universalen Zugang zur Kulturgeschichte der Bilder, um ihren Anteil an der Fabrikation dieser Geschichte. Während Nam June Paik von einem Videoarchiv der Avantgarde und einem Center for experimental arts[43] träumt, spricht StanVanDerBeek in seinem Manifesto[44] 1965 von der »image library, newsreel of dreams, culture intercom«. In seiner Vision entwickeln solche Zentren »eine materielle Basis für den Dialog mit anderen Zentren bei einer Bildgeschwindigkeit von 186.000 Meilen pro Sekunde« ­ eine frühe Vision telematischer Installation wie auch des WWW. Bemerkenswerterweise hat auch schon »Information« im MOMA New York 1970 die erste Informationsarchitektur im Rahmen einer Ausstellung präsentiert. Das Dispositiv ›Ausstellung‹ reflektiert damit schon früh seine eigene Virtualisierung im Rahmen eines öffentlich zugänglichen Archivs.[45] Es gibt eine Reihe von Künstlern, die sich zwar nicht als Medienkünstler begriffen haben, aber spezifischen medialen Aspekten und Kontexten ihre Aufmerksamkeit

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Virtual Intelligence Mask (Acconci, Vito), 1993UTV (Unser Fernsehsender) (UTV), 1995Mobile TV (Huyghe, Pierre), 1997Lying around lazy; Not even moving for TV, sweets, Coke, and vaseline (Rehberger, Tobias), 1996Interior Design for Space Showing Videos (Graham, Dan), 1986La plissure du texte (Ascott, Roy), 1983

geschenkt haben. Bei »Information« war dies unter anderem Hans Haacke, siehe aber auch die späteren Arbeiten von Vito Acconci »Virtual Intelligence Mask«, Heimo Zobernig »UTV« (1994), Pierre Huyghe »Mobile TV« oder Tobias Rehberger »Lying around lazy. Not even moving for TV, Sweets, Coke, and Vaseline« (1996­1999), die sich alle für die Gestaltung des elektronischen Ambientes interessieren.[46] Alle Videolounges der Clubkultur der 1990er Jahre transponieren das Konzept der offenen Plattform und verbinden es mit dem Gedanken eines ›Video-on-Demand‹-Systems, das auf den Medienkunstfestivals schon Anfang der 1990er Jahre als eine Festivaloption realisiert wurde, aber dann gerade durch den Aufstieg des Internets zu einem dominanten Thema geworden war. Der eigentliche Wegbereiter dieser Informationsarchitektur war jedoch Dan Graham, dessen Installationen bereits sein spezifisches Interesse an architektonischen Fragestellungen formuliert hatten. Seine Verwendung von halbverspiegeltem Glas führte ihn dann 1986 zur Konstruktion des ersten einerReihe von »Videospaces«, »Interior Design for Space Showing Videos«, die man dem Titel entsprechend als Ausstellungsarchitektur ansehen könnte, wenn sie nicht gleichzeitig auch eine Reflektion der Medialität unserer öffentlichen wie privaten Räume dargestellt hätten und insofern auch ein künstlerisches Konzept manifestierten. In einer Serie von Arbeiten für den öffentlichen Raum hat Graham dann dieses Konzept des durchlässigen und offenen Raums bis heute weiter durchdekliniert.

Parallel arbeiteten Künstler jedoch auch an der Inszenierung einer medialen Aktivität, ohne dass man noch von einem vordefinierten Inhalt sprechen konnte. So wie Hans Haacke bei »Information« eben die nicht-vordefinierten Nachrichtenmeldungen einer Agentur in eine Ausstellung integrierte,[47] so gelang es zwei Pariser Themenausstellungen, kommunikative Projekte als die entscheidende Öffnung der Kunst zu thematisieren. »Electra«, 1983, zeigte unter anderem das Teletext-Projekt von Roy Ascott »La plissure du texte«, und Jean-François Lyotard

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Epreuves d’écriture (Lyotard, Jean-François)

kuratierte 1985 die wichtige Ausstellung »Les Immatériaux«[48], die mit »Epreuves d'écriture« ebenfalls ein kollektives, vernetztes Schreibprojekt präsentierte, aber auch eine formal wie inhaltlich innovative Themenausstellung darstellte, die kontextuell weit über die Kunst hinausging. Die rhizomatischen Verbindungslinien führen von hier aus bis hin zu den Kontextsystemen und Online-Plattformen der Netzkunst[49] ­ und den reinen Ausstellungen im Internet, wie sie zu allererst vom Walker Art Center 1998 mit »Shock of the View: Museums, Artists, and Audiences in the Digital Age« initiiert wurden. 1999 überlagerten sich dann der virtuelle und der reale Raum bei der umfangreichen Auseinandersetzung mit dem Internet in der Ausstellung »net_condition«.

Damit war die Institution Museum mit einem Paradigma des Labors, der Werkstatt und des Forschungszentrums konfrontiert, das es nur temporär integrieren konnte, ohne das prozesshafte und nicht ergebnisorientierte Arbeiten in seine Organisationsstruktur übernehmen zu können ­ auch wenn der »Hybrid Workspace« der documenta X und jüngst die documenta 11 dies mit ihren fünf»Plattformen« theoretisch postulierte. Trotz des Vorbilds des Center for Advanced Visual Studies (CAVS) am MIT Boston oder unabhängiger Produzentenorte wie dem 1971 von Ralph Hocking gegründeten Experimental TV Center in Binghamton, N.Y., waren institutionell noch immer keine Zentren geplant, die den Dialog zwischen Medien, Kunst und Industrie fördern konnten. Erst Anfang der 1990er Jahre erlaubten der ökonomische Boom und vor allem der beginnende öffentliche Diskurs über das Internet und die Mediengesellschaft die konkrete Planung und Eröffnung neuer Institutionen wie das Ars Electronica Center, Linz (1996), das Intercommunication Center, Tokyo (1996), oder das Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (1997), die auf je unterschiedliche Weise dem Bedürfnis nach öffentlichem und künstlerischem Zugang zu teurer Technologie wie auch adäquaten Präsentationsbedingungen entgegen kamen und unter anderen technologischen Bedingungen die Tradition von Orten wie dem Bauhaus, Dessau/Weimar, dem Black Mountain College, Ashville, North Carolina, oder dem CAVS am MIT Boston fortführten.

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Standards setzen oder eigenmächtig nutzen?

Die Eingangsthese war, dass es eine Notwendigkeit gibt, sich die jeweils verfügbare Technologie für künstlerische Zwecke anzueignen und andererseits auch immer gegen die Begrenzungen und Formatvorgaben der apparativen Bedingungen zu operieren. Wenn sich also Videosignale auf einem Audiotape aufzeichnen lassen, wie zum Beispiel bei der Spielzeugkamera von Fisher Price, mit der Sadie Benning ihre ersten Videoarbeiten realisierte, dann ist dies nicht eine Anti-Haltung gegenüber dem elektronischen Bild, sondern eine genuine medienkünstlerische Haltung. In ähnlicher Weise hatte ja auch schon Nam June Paik in der »Exposition of Music Electronic Television«, 1963, verschiedenste apparitiven Konstellationen jenseits der bloßen Störung eines gegebenen Dispositivs, in diesem Fall das Fernsehbild, erprobt. Insofern zielt eine häufig gestellte Frage nicht nur seit Erfindung der Videokamera und des Videorekorders immer auf die Künstler und ihr spezifisches Verhältnis zur verwendeten Technologie, auf die Handwerkskunst gegenüber der Konzeptkunst: Kann er eine Kamera bedienen oder nicht? Oder aus heutiger Sicht: Kann erprogrammieren oder lässt er programmieren? Künstler wie Zbigniew Rybczynski vertreten vehement die erste Position, andere wie Fabrizio Plessi das genaue Gegenteil. Dieser Dualismus zieht sich durch immer neue Generationen von ›Künstlermodellen‹. Dahinter steht das komplexe Verhältnis zur Frage von Autonomie und Abhängigkeit, was die zeitgenössische mediale Kunst zu einer autonomen, aber auch kollaborativen Praxis motiviert, der andererseits auch das Do-It-Yourself des Bastlers korrespondiert, der sich seine Software als ›open source‹ aus dem Internet besorgt.

In der Folge von Paik und E.A.T. hat es aber auch eine ganze Reihe von apparativen Neuerfindungen gegeben, die entweder später durch industrielle Standards massenhaft nachgeahmt wurden oder die einfach Ausdruck einer konkreten Aufgabenstellung waren, ohne eine weitere Wirkung zu entfalten. Die Poetik der Maschinen und ihre rasante Historisierung konnte 1992 in der Ausstellung »Eigenwelt der Apparatewelt. Pioneers of Electronic Art« auf der Ars Electronica in Linz bewundert und ausprobiert werden. Die Kuratoren/Künstler Steina und Woody Vasulka kümmerten sich nicht nur um die Ansammlung alter Apparaturen, sondern auch um die Präsentation und

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VinylVideo (Sengmüller, Gebhard), 1998

den interaktiven Abruf der von ihnen erzeugten Bildwelten.[50] Damit markierten sie eine Wende in der ausschließlichen Blickweise auf die jeweils neueste Technologie. Mehr und mehr Künstler ›entdecken‹ in den 1990er Jahren die inzwischen obsoleten Medien und setzen sich so bewusst in Opposition zur immer schnelleren Hi-Tech-Entwicklung. Siegfried Zielinski prägt die Begriffe der Medien-Archäologie beziehungsweise An-Archäologie und nicht nur Institutionen sehen die Notwendigkeit, alte Computerplattformen zu emulieren, um zum Beispiel bestimmte Anwendungen etwa der Videogames zu konservieren.[51] Auch Künstler nutzen diese Strategie der Emulation, wie die verblüffenden und äußerst erfolgreichen ›Produkte‹ von Gebhard Sengmüller und Team beweisen. »Vinyl Video« (seit 1998) ist nicht nur eine Reminiszenz an die Genese der Medienkunst aus der Frühzeit der Elektronik sowie der Musik (siehe Paik), sondern auch eine ironische Replik auf das Faszinosum der analogen Bildplatte[52], die heute praktisch aus dem Kurzzeitgedächtnis getilgt wurde, seit die DVD in rasantem Tempo einen neuen qualitativ befriedigenden Videostandard für Ausstellungen und Dauerbetrieb gesetzt hat.

Die parallel verlaufende Virtualisierung unserer Arbeitsumgebungen und die Arbeiten zur Telepräsenz verbinden sich auf hybride Weise mit der Rückkehr zur Bastelökonomie und dem Crossover der Medien, um das Unabgeschlossene auszustellen, offene Prozesse im Raum zu inszenieren, bei der Produktion zuschauen zu können und Verkabelung und Technologie nicht in Illusionsräumen zu verstecken, sondern sie als integralen Bestandteil des ›Projekts/Werks‹ auszustellen.[53] Die Idee der Plattform und kollaborativen Produktion erfährt eine Extension in den Museumsraum. Doch gerade die gesteigerte Erklärungsbedürftigkeit der Kunst, ihre Unanschaulichkeit, stellt uns vor neue Herausforderungen jenseits einzelner Plattformen. Lev Manovich spricht auch von den »Poetiken des angereicherten Raumes«, von seiner allgegenwärtigen digitalen Modulierbarkeit: »Langfristig kann jedes Objekt ein mit dem Netz verbundener Bildschirm werden, während der gesamte umbaute Raum zu einer Ansammlung von Bildschirmoberflächen verwandelt wird. Natürlich ist der physische Raum immer schon durch Bilder, Grafiken und Typografie angereichert gewesen; aber indem diese durch elektronische

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Displays ersetzt werden, kann man dynamische Bilder präsentieren, mischen und ihren Inhalt jederzeit ändern.«[54] Was sich medienkünstlerisch und projektbezogen bisher manifestierte, wird nun zu einer Dynamik, die den gesamten öffentlichen Bereich einschließlich des Museums neu formatiert. Der physischen Raum wird überlagert von »Datenschichten« und neue Begriffe und Technologien wie »ubiquitous computing«, »augmented reality«, »tangible interfaces«, »wearable computers«, »intelligent buildings«, »context-aware computing«, »smart objects«, »wireless location services«, »sensor networks « belegen nach Manovichs Ansicht, dass wir uns endgültig vom modernistischen Minimalismus verabschieden und der komplexen, heterogenen und widersprüchlichen Eigenschaft des hybriden Datenraums Rechnung tragen müssen.[55] Als künstlerisches Beispiel für eine derartige »augmented reality« nennt Manovich die »Spaziergänge« von Janet Cardiff, in denen das ästhetische Potential der Überlagerung von Informations- und physischem Raum erkundet wird.

Die Entwicklung unserer medialen öffentlichen Räume ist also nicht nur der Übergang von analog zudigital, sondern auch von homogen zu heterogen und von uniform zu multipel. Der Begriff Plattform wird also nicht mehr nur bildbezogen und im weiteren Sinne metaphorisch relevant, sondern er erhält eine 3D-Qualität, die verbunden ist mit räumlichen Parametern der Navigation ­ sei es durch Displays, Touch Screens et cetera oder in Zukunft durch mobile individuelle Instrumente. William Mitchell bezieht sich ebenfalls auf das zentrale, aber nun obsolete Bauhaus-Motto, wenn er unter der Rubrik »Form Fetches Function« ausführt, dass die Funktionalität von Dingen variabel und nicht mehr an einen Ort gebunden sein wird: Ein Monitor ist eine Uhr ist ein Fernseher ist ein Börsenticker ist ein Familienporträt ist ein Überwachungsdisplay.[56] Auch wenn wir annehmen, dass nur ein Teil dieser visionären Option in absehbarer Zeit Realität wird, bleibt dennoch das Prinzip der modularen und reprogrammierbaren Funktionalität von Objekten, Displays und Räumen, das Robert Rauschenberg vor Augen gehabt haben könnte, als er mit den anderen ›Revolutionären‹ von E.A.T. 1967 einen Raum bauen wollte, »der auf Wetter, auf betrachtende Menschen, auf Verkehr, Geräusch und Licht reagiert«.[57]

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Soft Cinema (Manovich, Lev), 2002

Software ­ Soft Cinema ­ Soft Space

Doch betrachten wir noch einmal den traditionellen Museumsraum. Der White Cube isoliert das Ausstellungsobjekt von spezifischen räumlichen Kontexten und zielt damit auf Distanzierung und Reflexion auf neutralem Grund. Die Black Box oder besser: der Black Cube[58] operiert ebenfalls mit der Trennung vom Kontext (siehe die oft detaillierte und kontrollierte Ausstattung dieser Räume mit schall- und lichtdämmendem Material), die aber auch das Subjekt isoliert, um das sinnliche immersive Moment des ›Im-Bild- Seins‹ zu ermöglichen, das Reflexion meist erst im Nachhinein provoziert. Während einerseits das kinematografische Dispositiv in vielen Videoinstallationen wieder Einzug in die Museen gehalten hat und einer Re-Auratisierung des Kunstwerks dienlich ist, lässt sich parallel beobachten, dass nicht nur die Datenbank als kulturelle Form das digitale Zeitalter markiert, sondern auch das Archiv dessen Entsprechung im realen Raum ist. Ein mediales Archiv im Raum wird so zu einer Fülle von Optionen, die sich dynamisch immer neu konfigurieren.[59] Inwieweit sich die Museen auch den Visionen vonmultisensorischen, fluiden Räumen öffnen werden, bleibt die Frage. Die unsichtbare Allgegenwärtigkeit von Software im realen Raum auch im kinematografischen wie architektonischen Sinn von »Soft Cinema« und modularen »Soft Spaces«, provoziert mit Sicherheit Widerstände, Revisionen und nostalgische Klagen.[60] Zurück zum Objekt, zur Malerei, zum Bild ­ jenseits der Abfolge der Rekursivitäten und Moden wird jedoch die Digitalisierung des musealen Raums nicht aufzuhalten sein. Dieses Faktum stellt sich nur besonders evident im Kontext der Medienkunst. Wenn es zugleich gelingt, eine Vielfalt von Formatierungen und damit auch Formen lebendig zu halten und die Effekte einer universellen Standardisierung unter dem Banner von MicroSOFT zu unterlaufen, dann wird auch Raum sein für all die Beispiele, die sich mit der Dysfunktionalität oder marginalen Nutzung von Apparaten, Maschinen und Technologien befassen und die ein ganz eigenständiges künstlerisches und poetisches Potential bewahren.

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