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Dan Graham »Body Press«
Dan Graham, »Body Press«, 1970 – 1972
1970 | Filmstill | © Kramlich Collection


 Dan Graham
»Body Press«

Filminstallation, zwei synchron projizierte Filme, 16mm, Farbe, ohne Ton, 8'.

Zwei Kameraleute stehen in einem sie umgebenden, völlig verspiegelten Zylinder. Während ihre Körper unbeweglich bleiben, führen ihre Hände jeweils eine Kamera, mit der Rückseite flach gegen die Oberfläche ihres eigenen zylindrischen Körpers gedrückt, in langsamen Rotationen um diesen herum. Eine erste Rotation umschreibt den Umfang des Körpers, jede folgende windet sich in einer Spirale allmählich aufwärts. In den aufeinanderfolgenden Rotationen werden die Felder der Körperoberfläche vollständig beschrieben und bedeckt wie von einem negativen Model, bis die Rückseite der Kamera die Augenhöhe (Blick des Kameramannes durch die Kamera) erreicht hat. Daraufhin beginnt eine umgekehrte, rückwärtslaufende Bewegung, bis der Ausgangspunkt wieder erreicht ist. Die Rotationen sind in ihrer Geschwindigkeit aufeinander abgestimmt: Wenn beide Kameras auf den Rücken gedreht werden, so liegen sie sich genau gegenüber und filmen sich gegenseitig, während sie ausgetauscht werden; somit wechselt die Identität der Kamera »die Hände«, und folglich handhabt jeder Darsteller/Kameramann eine neue Kamera. Die Kameras haben verschiedene Maße und Gewichte. Während dieses Aufnahmeprozesses wird von den Darstellern erwartet, daß sie sich auf diese gleichzeitig existierende Identität der Kameras konzentrieren, die sich und ihre Körper beschreiben.
Optisch nehmen die beiden Kameras das Bild auf, das sich im Spiegelzylinder reflektiert, bestehend aus der Oberfläche der Kamera (und des Objektivs) und ihrer fünf sichtbaren Seiten, dem Körper des Darstellers und (unter Umständen) seinen Augen im Spiegel. Der Richtungswinkel der Kamera, die Ansicht eines bestimmten Ausschnitts aus dem reflektierenden Bild des Spiegels, wird festgelegt durch die Position der Kamera auf der Kontur des Körpers in jedem gegebenen Moment. (Die Kamera könnte auch gegen die Brust gedrückt werden; ein solcher aufwärts gerichteter Winkel jedoch würde den Kopf und die Augen zeigen.)

Für den Betrachter ist die Oberfläche der Haut die vorwiegende optische Einstellung. (Eine Ausnahme ist es, wenn sich die Augen der Darsteller reflektieren oder wenn sich die Kameras selber filmen.) Auch wird die Muskulatur des Darstellers erkennbar, wenn sich die Kamera in die Oberfläche des Körpers eindrückt (innen nach außen ziehend). Gleichzeitig kann die Handhabung der Kamera durch den Darsteller vom Betrachter kinästhetisch als Oberflächenspannung, »gefühlt« werden, wenn die verborgene Seite der Kamera unter Druck über die Haut geführt wird. Die Filme werden gleichzeitig auf Loop-Projektoren vorgeführt, mit großem Bildformat auf zwei in einem Raum sich gegenüberliegenden Projektionswänden, die ziemlich nahe beieinander stehen sollten. Männer oder Frauen aus dem Publikum könnten sich mit dem einen oder anderen Bild aus der Kamera oder mit dem einen oder anderen Körper identifizieren, indem sie jeweils ihre Blickrichtung ändern und die andere Leinwand betrachten, wenn die Kameras ausgetauscht worden sind.

(Quelle: Dan Graham, Ausgewählte Schriften, Hrsg. Ulrich Wilmes, Stuttgart 1994, S. 23-25)