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Der große Kalvarienberg (Ferrari, Gaudenzio)Villa dei Misteri (unbekannt)
 
 
 

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Sacri Monti, die später auf die gesamte katholische Welt ausgriff. Idee war es, täglich Tausende von Pilgern in eine dioramatisch hochillusionistische Simulation der heiligen Stätten der Bibel zu tauchen. Den wohl berühmtesten Illusionsraum am Sacro Monte bei Varallo »Der große Kalvarienberg« schuf ab 1518 Gaudenzio Ferrari.[15] Heute wenig beachtet, wurde dieser von seinen Zeitgenossen durchaus mit Raffael und Leonardo auf eine Stufe gestellt. Ferrari löste die Forderung der Kunsttheorie seiner Zeit ein, die neben naturgetreuer Einhaltung der Proportionen, Farben und Perspektive insbesondere auch seelische Leidenschaft, »moto« – um Lomazzos Forderung zu benennen – realisierte. Sein handwerkliches Können stand im Dienst einer verabsolutierten Mimesis, so dass manche seiner lebensgroßen, farbigen Terracottafiguren echte Kleidung, Perücken und gar Glasaugen tragen.

Das Panorama und seine Vorläufer III: »Villa dei Misteri«

Jene in der Kunst- und Mediengeschichtsschreibung bislang nicht wahrgenommene Geschichte der

 

Immersion lässt sich erstaunlicherweise fast durch die gesamte westliche Kunstgeschichte bis in die Antike verfolgen: So ließen sich Wandmalereien, die den Raum erweitern und den physikalischen und Illusionsraum miteinander verschmelzen, bereits in römischen oder pompejanischen Villen, etwa der »Villa dei Misteri«[16], nachweisen, wobei dieser Bildraum ebenso wenig als Nullpunkt jener Bildtradition gelten kann, wie die Evolution der Illusions- bzw. Immersionsmedien vielleicht niemals einen absoluten Endpunkt setzten wird. In diesem Kult- und Initiationsraum der Dionysosgemeinde sah sich der Betrachter inmitten von lebensgroßen, realistischen Figuren, die sich scheinbar fast leiblich an uns wenden und zudem untereinander, durch den physischen Raum, ›von Wand zu Wand‹, kommunizieren. Der Bildraum fungiert gewissermaßen als Schleuse, die in den vermeintlich physischen Raum Gottheiten einlässt und in umgekehrter Richtung menschliche Akteure und Betrachter auf die gleiche Bildebene führt – wenn man so will, könnte man dies als Mixed Reality klassifizieren. Die zunächst visuelle Strategie der Immersion, welche hier bereits mit allen der Zeit verfügbaren medialen Mitteln erzeugt wurde,

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