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_readme (Bunting, Heath)
 
 
 

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Das zweite zentrale Motiv für die künstlerische Arbeit mit audiovisuellen Medien liegt in ihrem ästhetischen Potential, bis dahin ungesehene und ungehörte Bild- und Klangerlebnisse zu gestalten, also Kunstformen jenseits aller bekannten Gattungen. So entwirft Walter Ruttmann 1919 »eine Kunst für das Auge, die sich von der Malerei dadurch unterscheidet, dass sie sich zeitlich abspielt (wie Musik). […] Es wird sich deshalb ein ganz neuer, bisher nur latent vorhandener Typus von Künstler herausstellen, der etwa in der Mitte von Malerei und Musik steht«. Und für diese neue Kunst »kann auf alle Fälle mit einem erheblich breiteren Publikum gerechnet werden, als es die Malerei hat«.[4] Diese Idee nimmt Form an in den absoluten Filmen der 1920er Jahre von Ruttmann, Viking Eggeling, Hans Richter und anderen und ihr korrespondiert der Entwurf einer ebensolchen »absoluten Radiokunst« von Kurt Weill 1925, für die durch »ein Heer neuer, unerhörter Geräusche, die das Mikrofon auf künstlichem Wege erzeugen könnte«, so etwas wie »ein absolutes, über der Erde schwebendes, seelenhaftes Kunstwerk« möglich werden soll.[5]

Diese neuen Medienästhetiken werden dabei von Beginn an als Reaktion auf die Technisierung und mediale Beschleunigung der alltäglichen Wahrnehmung

 

konzipiert.[6] Auch dieses zweite Motiv findet bis heute seine Fortführung in der Analyse und Dekonstruktion von Massemedien durch Künstler. Die Beispiele reichen von William Burroughs literarischem Cut-up über Nam June Paiks Remix von TV-Bildern zu Dara Birnbaums systematischen Analysen der TV-Semiotik bis zur Darstellung der subtilen Kommerzialisierung der Sprache durch das Internet in Heath Buntings Netzprojekt »_readme«.[7]

Vorläufer der Medienkunst

Manifeste und Utopien

Schon vor Beginn der künstlerischen Medienarbeit werden ihre Motive und möglichen Ziele in Manifesten und utopischen Entwürfen formuliert, die zum Teil weit über den Stand der verfügbaren Technik hinausreichen. Dabei antizipieren diese Thesen schon in vieler Hinsicht die seit den 1960er Jahren einsetzende breite künstlerische Praxis der Medienkunst. Diese in »Medien Kunst Netz« online dokumentierten Textauszüge können auch als erste Formulierung der Themenschwerpunkte gelesen werden, die sich in der Gliederung der weiteren Kapitel dieses Überblicks zur Medienkunst niederschlagen.

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