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Themenicon: navigation pathKunst und Kinematografieicon: navigation pathBaldessari
 
The Hollywood Film (Baldessari, John), 1972
 
 
 

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ein langweiliger Betrug. In »Time/Temperature« (1972–73) messen eine Sanduhr und ein Thermometer Eigenschaften, die ansonsten unsichtbar bleiben. Beide sind ebenso wie die Kamera indexikalische Instrumente, aber wo die Kamera normalerweise unbeachtet hingenommen wird, scheinen die beiden anderen Instrumente völlig offenkundig.

Ein anderer Aspekt, mit dem sich Baldessari in seinen Super-8-Filmen auseinandersetzt, ist die Filmindustrie. Natürlich ist dies schon durch die Wahl des Mediums impliziert, aber einige Arbeiten gehen auch thematisch auf sie ein. So zeigt »Dance« (1971) ein Daumenkino-Buch in Aktion – tatsächlich nichts Geringeres als eine Demonstration der Funktionsweise von Filmen. Dies impliziert unter anderem, dass die filmische Apparatur weniger eine Frage der Technologie ist als der Versuch, das Sehen auf eine bestimmte Weise zu strukturieren. In den verschiedenen Versionen von »Taking a Slate« (1974) präsentiert Baldessari Aufnahmen, die normalerweise auf dem Boden des Schneideraums landen würden. Mal sehen wir eine Sequenz so, wie sie aufgenommen wurde; dann wieder sehen wir, wie derselbe Streifen

 

in einem Filmbetrachter vor- und zurückgespult wird. Das heißt, dass Baldessari zu irgendeinem Zeitpunkt seinen eigenen Film gefilmt haben muss. Außerdem gibt es hier keine Klappe, sondern nur einen Schauspieler, der mit seinen Händen eine Klappe nachahmt.2 Beide Versionen von »Ted’s Christmas Card« zeigen extreme Nahaufnahmen von einer auf Folienpapier gedruckten altmodischen Winterlandschaft. Die Kamera geht so nah an das Objekt, dass man immer nur Ausschnitte der Szene zu sehen bekommt. Die Glamourwelt des Kinos lockt in »The Hollywood Film« (1972–73), wo wieder dasselbe geschieht, diesmal aber mit zwei Buttons mit Porträts von Starlets auf der einen und Spiegeln auf der anderen Seite. Der Betrachter scheint dementsprechend entweder in eine Welt der seichten Fassaden verbannt oder geblendet von dem Licht einer umgekehrten Projektion. Zusammengenommen verhandeln Baldessaris Super-8-Filme, was einmal eine Konfrontation zwischen dem Pinsel und der Kamera war. Heute ist dagegen die Digitaltechnologie zum gemeinsamen Nenner nicht nur von Malerei und Film, sondern auch von Zeichnung, Fotografie und Video geworden; sie alle bilden nun ein ununterbrochenes

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