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Themenicon: navigation pathKunst und Kinematografieicon: navigation pathGraham
 
Time Delay Room (Graham, Dan), 1974
 
 
 

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nicht um eine überreizte Aggression oder um rohe Gewalt, die sich immer aus den sensomotorischen Beziehungen im Aktionsbild gewinnen lässt. […] Es geht um etwas, was zu gewaltig, zu ungerecht, aber manchmal auch einfach zu schön ist und von nun an unser sensomotorisches Vermögen übersteigt. Es kann eine Grenzsituation sein. […] aber auch etwas ganz Gewöhnliches, eine einfache Fabrik oder ein freies Gelände.« [39] In Grahams »Cinema« – so könnte man sagen – handelt es sich um beides in einem.

Graham hat in »Lectures« über seine Arbeiten darauf verwiesen, dass er in seinen Architekturentwürfen das, was er in seinen »Time-Delay-Rooms« (1974–1976) mit Video und Zeitverzögerung gemacht habe, mit den Medien Spiegel und Glas mache. In beiden Fällen wird ein Jetztzeit-Bewusstsein erzeugt, in welchem inkommensurable Gegenwartsspitzen verbunden sind, so dass ein psychologischer Tiefeneffekt hervorgerufen wird, in welchem Vergangenes unvermutet reaktiviert wird. Dieser Effekt lässt sich nicht allein dadurch begreifen, dass man die Genese und Typologie der Bauformen, auf die sich Graham bezieht, untersucht;

 

vielmehr wird diese »äußere Geschichte« in der geschaffenen Situation in eine »innere Geschichte« zurückgestellt, wo sie als eine Art von Erhabenheit erfahren wird. Die Strukturen des modernen Kinos, wie sie Deleuze analysiert hat, sind in Grahams »Cinema« in architektonischer Form unlösbar mit Konzepten der metapsychologischen und ideologiekritischen Filmtheorie verknüpft, so dass beide eine wechselseitige Forcierung erfahren, die im Dienste einer Geschichtserfahrung steht, wie Benjamin sie beschrieben hat. – Der Filmtheorie der 1970er Jahre wurde in den 1980er Jahren verstärkt der Vorwurf gemacht, ihr »cinema viewing subject« sei eine bloße theoretische Fiktion; es käme darauf an, der Filmtheorie eine empirische Basis zu geben und von realen Filmbetrachtern auszugehen. Es steht zu hoffen, dass dieses Bekenntnis zur Empirie sich nicht der Einsicht verschließt, dass Grahams »Cinema« gebaut werden kann und gebaut werden sollte.