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verschärfen wollte.[9] Dann sind musikalische Begriffe wie Kontrapunkt oder Leitmotiv für das Verhältnis von Stimme und Blick angemessener, zumindest eine Dialogizität, in der das gegenseitige Anerkennen von Autonomie oder zumindest ein gegenseitiges Respektieren zum Ausdruck kommt. So kann man von einer eigenen Bedeutungsebene sowohl für Sprache als auch für Bild reden, wie Marker selbst in seinem Photoroman »Le dépays« formulierte: »Der Text kommentiert ebenso wenig die Bilder wie die Bilder den Text illustrieren. Es sind zwei serielle Sequenzen, bei denen es natürlich geschieht, dass sie sich kreuzen und aufeinander verweisen, wobei es aber unnötig ermüdend wäre, wenn man versuchte, sie gegenüberzustellen. Man möge sie also lieber in ihrer Unordnung, Einfachheit und Doppelung nehmen, wie man gewöhnlich alle Dinge in Japan nimmt.«[10]

Das Modell des Haiku (Roland Barthes' »Das Reich der Zeichen«)

Vorbild für Markers kontrapunktische Parallelmontage von Bildern und Texten war neben Eisenstein auch das Buch Roland Barthes' über seine Japanreise in

 

»Das Reich der Zeichen«. Barthes, der durch seine eigenen Zeichnungen und seine Studien über Malerei und Schrift für diese Dialektik gewissermaßen sensibilisiert war, beschrieb die japanische Kultur als Grenzgang zwischen Bild- und Sprachzeichen, als Schreiben von Bildern und Malen von Schrift. Er nahm ebenfalls das Modell des Haiku auf, in dessen unentscheidbarem Gleiten zwischen sprachlicher Linearität und malerischer Simultaneität er zwei fundamentale Kriterien der abendländischen Schrift außer Kraft gesetzt sah, nämlich die Beschreibung und die Definition; die Zeichen des Haiku sind Gesten des Hinweisens, bloß designative Feststellungen ohne Wertung und Interpretation, wie photographische Aufnahmen, ein Ideal für eine Bild-Schrift ohne Kommentar noch Illustration: »Der Text ist kein :Kommentar 9 zu den Bildern. Die Bilder sind keine :Illustrationen 9 zum Text. Beide dienten mir lediglich als Ausgangspunkt für eine Art visuellen Schwankens ähnlich vielleicht dem Sinnverlust, den der Zen als Satori bezeichnet. Text und Bilder sollen in ihrer Verschränkung die Zirkulation, den Austausch der Signifikanten: Körper, Gesicht, Schrift, ermöglichen

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