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Histoire(s) du cinéma (Godard, Jean-Luc), 1988Kassettenkataloge (Bódy, Gábor)
 
 
 

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Siegfried Zielinski hat in seinen Publikationen der 1980er Jahre detailliert aufgefächert, wie sehr die »Geschichte des Videorecorders« seit Mitte der 1970er Jahre und mit aller Macht seit der Etablierung des massenhaft verfügbaren VHS-Standards 1975 zu einer ganz neuen Praxis künstlerischer Appropriation führte.[28] Das klassische Fernsehen wird mit dem ›Durchlauferhitzer‹ Videorekorder potentiell destrukturiert, zeitversetzt rezipiert, von Künstlern überhaupt erst als reicher Materialfundus ›gefunden‹ und weiterverarbeitet beziehungsweise als Film auf Video von Raubkopisten in der Videotheke um die Ecke feilgeboten. Die Videobänder von Klaus vom Bruch oder auch die filmische Arbeit von Jean-Luc Godard besonders in seinen »Histoire(s) du Cinéma« (1988­1998) wären ohne die private Speicherung der Mediengeschichte durch Fernsehen und Film nicht denkbar. Der Begriff ›Found Footage‹ konnotiert in der Folge nicht mehr die mühsame Recherche in Archiven, sondern die Programmierung des Videorekorders. Eine ganze Kulturgeschichte wird plötzlich greifbar als alltägliche Verfügungsmasse für die Heimproduktion. Die Sender reagieren in der Folge und ›signieren‹ ihre

 

Bilder mit dem Sendelogo, dem massenmedialen Relikt einer künstlerischen Signatur ­ was heute dem Gebrauch der ›Wasserzeichen‹ für Bilder im Internet entspricht. Die industrielle Massenproduktion von Videokassetten verbesserte nicht nur die prekäre Praxis der offenen Spulen zu einem einfachen ›Plug-and-Play‹, sondern förderte in der Folge des TV-Booms der 1980er Jahre und der Diversifizierung in kommerzielle und öffentliche Kanäle eine Breitenwirkung, die auf künstlerischer Seite zu einer ebensolchen Diversifizierung von Festivals und Foren führte. Das Format der U-matic-Kassette garantierte dabei für einen Zeitraum von etwa 20 Jahren einen de facto universalen Standard, der ­ siehe »Wer U-matic wählt, wählt das Kapital!« ­ nur noch gelegentlich technisch oder ideologisch in Frage gestellt wurde.

Die Kassettenform, so kann man das Argument zuspitzen, förderte den Austausch von Information jenseits der etablierten und den elektronischen Experimenten verschlossenen Märkten und wurde auch visuell zum Markenzeichen einer ganzen Kunstform ­ siehe etwa die Legion von Kassettenkatalogen. Das beste Beispiel ist die 10-jährige Geschichte des

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