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nebula.m81; Autonomous (Nezvanova, Netochka), 1999
 
 
 

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Noch einen Schritt weiter geht Netochka Nezvanova, die nach einer Romanfigur Dostojewskis benannte fiktive Person, oder manche nennen sie auch eine ›Entität‹. Sie tritt nur über das Internet auf, wo sie ihre Softwareprodukte anbietet, aber auch Mailinglisten mit kryptischen Messages überflutet. Ihre Software »Nato« ist derzeit eines der beliebtesten Tools aller VJs für Live-Visuals, denn sie kann beliebige visuelle Objekte direkt an Klänge binden und so einen mit der Musik gekoppelten, aber dennoch frei mischbaren und editierbaren Fluss von Bildern erzeugen. Diese Software ist jedoch nicht wie bei Markus Popp ein halbkünstlerisches Demo, sondern ein professionelles und knallhart kommerzielles Produkt mit hohen Lizenzgebühren, dass außerdem eine Monopolstellung behaupten kann. Außerdem (oder sollte man sagen trotzdem?) erhielt Netochka Nezvanova für Programme wie »Nebula M.81«, die ebenfalls eine direkte Transformation von Bild- und Tondaten erlauben, auch eine ganze Reihe von Preisen in Wettbewerben für Softwarekunst. Diese Ambivalenz ist typisch für die Kunstfigur, die übersetzt »Namenloser Niemand« heißen würde. Damit entzieht

 

sie sich noch viel radikaler als alle bisher genannten Beispiele der Einordnung in Genres und Kategorien, seien es nun Bild und Ton oder Kunst, Technik und Kommerz. Und der Weg von der Avantgarde zum Mainstream dauert nun nicht mehr Jahrzehnte wie noch bei Ruttmann oder Paik, sondern vollzieht sich fast zeitgleich anhand des in beiden Kontexten verwendeten Produkts oder Artfakts (der Begriff Kunstwerk passt schon lange nicht mehr).

Alle fünf aktuellen Beispiele belegen: Nach über hundert Jahren audiovisueller Medienentwicklung wird in manchen Kunstformen (oder sollte man sagen Artefakten?) nicht nur die Grenze zwischen Bild und Ton fließend. Die alte Parallelgeschichte von ästhetischen und pragmatischen Maschinen wird fortgesetzt, doch auch die Grenze zwischen beiden steht in Frage. Wie schon in den 1950/1960er Jahren stehen ebenso der klassische Werkbegriff und die Position des Künstlerautors in Frage. Und obwohl die Verwertungsprinzipien und Institutionen von Musik und Kunst in diesem großen Zeitraum erstaunlich unverändert geblieben sind, entsteht durch die neuen Technologien ein noch nicht genau definierter

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