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»Vaste comme la nuit et comme la clarité…« Charles Baudelaire, Gedicht vom Haschisch
»Aber drinnen, keine Grenzen mehr!« Jean Tardieu
»I look elsewhere and differently, there where there is no spectacle.« Hélène Cixous
der Bildfläche aufhob, ebnete den Weg für vielfältige Formen ereignisorientierter künstlerischer Konzepte (siehe »Autumn Rhythm«, 1950), die sich mit der wachsenden Medienkompetenz gegenwärtiger Künstlergenerationen zunehmend in dunkle Environments verlagert und in Gestalt theatraler Szenarien und kaleidoskopartiger Großprojektionen das klassische Museum von seiner raumbestimmten Visualität um das Parameter der Zeit erweitert haben, bzw. durch die Einflussnahme der mechanisierten Darstellungsweisen die visuelle Wahrnehmung zunehmend von der Raum- auf die Zeiterfahrung verlagern. Im Diffusionscharakter der Pollockschen Farbspuren, die seismografisch auf die ekstatische Absorbiertheit des Künstlers (als eine Form der Auto-Immersionspraktik) verweisen und die stoffliche Grundlage des Gemäldes visuell auflösen, kündigt sich diese Transformation künstlerischer Praxis bereits an, die in den nachfolgenden Dekaden mithilfe neuer Technologien eine allumfassende Wahrnehmungsstimulation des Betrachters in immersiven Rauminszenierungen perfektionierte. In ähnlicher Weise, wie der All-over-Effekt derAktionsmalerei die tendenzielle De-Materialisierung des Trägermediums initiierte und den Einbezug der körperlichen Präsenz in den Prozess der Repräsentation an den Punkt führte – an dem nach Pollocks eigener Aussage, die Dynamik des selbstvergessenen Malaktes dazu führte – dass er buchstäblich ›in‹ das Bild eintrat, erleben heute die Betrachter in cinematischen Illusionsräumen den wirklichkeitsverändernden Sog projizierter Bilder, die sich durch den Einbruch der Zeit als Referenzmedium der eigenen Rezeption, aber auch aufgrund der atmosphärischen Bedingungen von in Dunkelheit aufleuchtenden, häufig akustisch gesteigerten Bildsequenzen als emotionale Reizüberflutung oder distanzierende Reflektionsmomente in die Wahrnehmung einschreiben.
einen Projektions- und Illusionsraums. Die Black Box, so ließe sich aus heutiger Perspektive auf den absorbierenden All-over-Effekt der Bilder Pollocks feststellen, hat sich in der künstlerischen Praxis der letzten zwei Jahrzehnte als neuer Ort der Dissimulation des Rahmens behauptet, als eine Sphäre der Virtualität, in der das Publikum bewegte Bilder als All-over-Stimulation der Sinne erlebt und die Grenze zwischen dem Selbst und der visuellen Repräsentationen ins Undefinierbare verschwimmt: Das Museum durchläuft eine Metamorphose zum Lichtspielhaus, in dem die Bedingungen der Dunkelheit, wie Boris Groys feststellt, eine Unsichtbarkeit erzeugen, die mit der strukturellen Unmöglichkeit einhergeht, eine Videoarbeit in ihrer Gesamtheit zu erblicken. [2] Dieser fundamentale Mangel an Sichtbarem wird zur Herausforderung für die Betrachter: Wahrnehmung schlägt um in Partizipation. Paradoxerweise ist aber gerade die Kraftentfaltung von Pollocks Actionpaintings auf das Engste mit der Wirkungsgeschichte des Galerie-Raums als White Cube, dem paradigmatischen Gegenentwurf zur Black Box verknüpft. Die Rezeption moderner Kunst seit 1945 istuntrennbar an die Darstellungsfunktionen der »weißen Zelle«, als rahmender Raum, der ein Objekt aus seiner Weltlichkeit entrückt und kraft dieser Ent-Kontextualisierung zum Kunstwerk erhebt, gekoppelt. Für die Malerei Pollocks ist die »gesteigerte Präsenz« des gleichmäßig ausgeleuchteten, »weißen, idealen Raumes« [3] zur Bühne des existentiellen Ausdrucksmoments in der Verkörperung des Künstlersubjektes im Bild geworden und hat eine beinahe archetypische Wirkungsästhetik entfaltet. Hans Namuths visuelle Charakterisierung der Leinwand als »Arena« des Künstlerakteurs findet ihr zeitgenössisches Pendant in der Black Box als das neue Aktionsfeld des Publikums. Es reagiert auf das Ereignishafte der projizierten Bild- und Sounddramaturgien und interagiert schließlich mit den narrativen Strukturen und numinosen Szenen über die Intensität der stimulierten Empfindungen. Wenn Brian O’Doherty, der Exeget der Ideologie des White Cube feststellt, dass sich »etwas von der Heiligkeit der Kirche, etwas von der Gemessenheit des Gerichtssaales, etwas vom Geheimnis des Forschungslabors« mit dem »chicen Design zu einem
einzigartigen Kultraum der Ästhetik« verbindet, dann bildet die Black Box das ästhetische Pendant zu dieser Distanz gebietenden und Geschlossenheit verkörpernden Raumwirkung der Moderne. Die Black Box fasziniert durch eine Magie ganz anderer Ordnung. Sie bezieht ihre Kraft aus der Wiederbelebung einer Reizästhetik, die tendenziell auf die Immersionseffekte des Spektakels zurückgreift und mit der theatralischen Verführungskraft des Unbekannten, des Unermesslichen lockt, dessen Schwelle die Betrachter überschreiten können, ohne ihre physische Sicherheit beim Eintauchen in die Illusionswelten der Videoräume zu gefährden.
solchen »Reizästhetik« auszubilden. Die englischen Landschaftsgärten, in deren phantasievolle Anlagen man wie in ein lebendes Gemälde eintritt und sich gleichsam beim Durchwandern eines naturalistisch-inszenierten Filmsets in eine andere Realität versetzen ließ, können als Immersionspraktiken betrachtet werden, deren Visualität die cinematischen Effekte des Hollywoodkinos antizipiert. Alexander Popes Ausführungen über das kunstvolle Verbergen von Umzäunungen in Parkanlagen, die Abwechslung von landschaftlichen Akzenten und phantasievoll inszenierten Überraschungseffekten in Form von Attrappen klassischer Tempel und Denkmäler, künstlicher Ruinenarchitekturen, illuminierter Wasserspiele und bizarrer Grottenarchitekturen, belegen ein elementares Bedürfnis nach lebensimitierenden und -steigernden Illusionseffekten. Bereits durch das Aufkommen des Schauerromans in dieser Ära klingt das Thema der überwältigenden Sogwirkung und emotionalen Stimulanz als Unterhaltungsmedium an, dessen Weiterentwicklung schließlich Friedrich Schlegels Prophezeiung der »Eskalation einer Ästhetik des Interessanten« beiweitem übertreffen sollte.
des Mediums mit analytischen Verfahren kritisch zu durchleuchten. In solchen Verfremdungsformen des ›Originals‹ setzen sich die Künstlerinnen und Künstler der Gegenwart mit der Wirkungsgeschichte des Kinos auseinander, dessen technische Dispositive zu kulturellen Konstanten unseres Rezeptionsverhaltens geworden sind: vom Schwarzraum in seiner ›Lichtspielqualität‹, über die Erzählnorm, die den narrativen Handlungsfluss in Bildsequenzen bannt, bis hin zum Filmschnitt, durch dessen sinnfällige Montagetechnik die Illusion der ›Lebensechtheit‹ erst ermöglicht wird. Demzufolge sind Kino und Film nicht in erster Linie als Genre für die Künstlerinnen und Künstler der post-cinematischen Ära von Interesse, sondern als Fundus des visuellen Rohmaterials, das die Bildwelten unserer Alltagskultur überflutet. In ihren vielfältigen Arbeitsweisen lassen sich zwei generelle Tendenzen unterscheiden: Videoinstallationen von Künstlerinnen und Künstlern wie Pipilotti Rist oder Doug Aitken, die auf die illusionistischen Wirkungsprinzipien cinematischer Parameter affirmativ reagieren, indem sie durch perfekt aufeinander abgestimmte Bild- und Sound-Inszenierungen einräumliches All-over schaffen, das die Betrachter in einer Art hypnotisierender Realitätscamouflage vereinnahmt. Um diese Effekte zu erzielen, setzen sie bewusst professionelle Schnitttechniken ein und greifen auf das gesamte technologische Repertoire von MTV- bis zu Hollywoodproduktionen zurück, das die visuelle und akustische Überflutung des Zuschauers beabsichtigt. In solchen immersiven Installationen steht die Auseinandersetzung mit Themen des gesellschaftlichen Mainstreams im Zentrum des Interesses: das Bedürfnis nach Transzendenz, die Suche nach außerordentlichen Erlebnissen wie beim Rave oder der Love-Parade, die Durchdringung von Technologie, Massenmedien und Trends und deren Einfluss auf sämtliche Bereiche der Gegenwartskultur, der Reiz der Geschwindigkeit, die Sogwirkung der Informationsflut und die Faszination potentieller Omnipräsenz als futuristisches Versprechen der Medien. Die andere, stärker konzeptuell definierte Richtung der Videoinstallation decouvriert das Kino und die Medienkultur als konstruiertes Spektakel. In der Verarbeitung von found footage und Ikonen der Film- und Fernsehgeschichte eröffnen Künstlerinnen
und Künstler wie Douglas Gordon oder Pierre Huyghe Reflexionsansätze über das Wesen cinematischer Bilder und deren Bedeutung für unsere kollektiven Identifikationsmuster. Diese dem Re-Make innewohnenden, sowohl ikonophilen als auch ikonoklastischen Impulse, verweisen auf ein Interesse an der Notwendigkeit, die herkömmlichen filmischen Repräsentationsmodelle, die durch das jeweilige formale »Re-Framing« des vorgefundenen Materials zum eigentlichen Thema werden, zu transformieren. Diese Ansätze befriedigen weniger das Bedürfnis des Publikums nach dem filmischen Spektakel altbekannter Kinohits wie Alfred Hitchcocks »Rear Window« (1954), »Vertigo« (1958), »Psycho« (1960) oder David Lynchs »Blue Velvet« (1985), als dass die Aufmerksamkeit auf die Bedingungen des Mediums selbst gelenkt werden und durch die Re-fokussierung des Re-Makes auf das Dispositiv die Position des Betrachters zum eigentlichen Thema des inszenatorischen Konzeptes wird. Durch die Zersplitterung der Blickwinkel (multipleviewer- aesthetic, double-vision, time-delay, etc.) verliert das von Christian Metz postulierte Prinzip der Identifikation mit der Kamera, bzw. mit den Darstellerinnen undDarstellern seine Gültigkeit. [6] Die Position des Betrachters, die bislang im Museum einen definierten Bezugsrahmen besaß, verliert ihre Sicherheit gegenüber dem Gegenstand der Rezeption aufgrund der Herausforderung an die eigene Syntheseleistung unter den Bedingungen der Zeit bei der Bilderfassung. Die darin begründete, fundamentale Instabilität des Zuschauers, die im übrigen auch durch dessen Bewegungsfreiheit vor und in den Videoinstallationen noch verstärkt wird, ist ein Hauptcharakteristikum für den paradigmatischen Wechsel von einer von der visuellen Zentrierung auf das Werk bestimmten musealen Inszenierung zu einer auf den Betrachter übertragenen Verantwortung. [7]
ins Zentrum der Auseinandersetzung rückten und mittels Film und Video in ihren sozialen und medialen Bedingungen erforschten. Insofern unterscheiden sich die Arbeiten der 1990er Jahre grundlegend von den frühen Videoarbeiten und den Praktiken, die bis in die späten 1980er Jahre hinein das Medium in seiner künstlerischen Nutzung prägten. Einerseits löst sich die Rahmenvorgabe – die bei den Monitorskulpturen etwa von Nam June Paik, Bruce Nauman, Marie-Jo Lafontaine oder auch Bill Viola zunächst noch weitgehend intakt blieb – zunehmend in variable Bildfelder auf. Die Streuung multipler Projektionen, die Wände, Decken, Böden und freistehende Leinwände bespielen, verwandeln den statischen Rahmen der Black Box in ein Raumerlebnis der Unendlichkeit. Mit cinematografischen Formaten entstehen kaleidoskopartige Panoramen aus Bewegungsbildern, in denen die Protagonisten überlebensgroß agieren und in scheinbar leibhaftiger Präsenz den Raum wie eine Bühne bespielen. Andererseits wandeln sich die reduzierten Aktionsmuster früherer Videoarbeiten von einer kaum von Regie gekennzeichneten »Aufzeichnungsästhetik« in theatrale Mikrodramen, die– wie in den Arbeiten Tony Ourslers, Monika Oechslers oder Eija-Liisa Ahtilas – das Publikum in eine psychologisch aufgeladene Erzählstruktur und fingierte Dialogsequenzen verwickeln und dessen Rolle zwischen der von Augenzeugen und potentiellen Mitspielern zum Oszillieren bringt. Diese Art der »Rezeptionsästhetik«, der Michael Fried den Vorwurf der künstlerisch bereits einkalkulierten »Betrachterfiktion« machte, basiert auf einer ausgeprägten Rezeptionspsychologie, die ihre performative Disposition den frühen dokumentarischen Videoaufzeichnungen von Bruce Nauman, Vito Acconci, Chris Burden oder Joan Jonas insofern vergleichbar macht, als sie die Aktion als vereinnahmendes Erlebnis durch eine medial überdeterminierte körperliche Präsenz der (virtuellen) Protagonisten auf die (realen) Betrachter übertragen und über die physischen, psychischen und institutionellen Rahmenbedingungen den Eindruck einer Real-Live-Situation implizieren. Anfang der siebziger Jahre erweiterten Film und Video das visuelle Spektrum der von Performance und Aktion geprägten Tendenzen, indem sie sich als Medien ›zwischen‹ Künstlerinnen und Publikum schoben. In der Betonung auf ›presence and place‹ war die
Unmittelbarkeit der Anwesenheit von Performer und Publikum ursprünglich das Hauptcharakteristikum dieser in den 1960er Jahren aufkommenden Kunstformen. In den Möglichkeiten der Videoperformance haben sich diese situativen künstlerischen Ausdrucksformen experimentell weiterentwickelt und im Zusammenspiel der Aktion mit den Aufzeichnungsmedien in komplexen Inszenierungsformen fortgeführt, ohne dabei grundsätzlich auf die ›Aura‹ des Live-Acts als Orientierungspunkt des Publikums zu verzichten. Frieds Kritik an der Betrachterspezifik minimalistischer Kunstwerke, ihre Abhängigkeit vom Publikum als Resonanzfigur und damit dessen insgeheime Aufwertung zugunsten des eigentlichen ›Werkes‹, wird durch eine bewusst eingesetzte Theatralität in den Arbeiten der 1990er Jahre, die nicht allein auf die Bedeutung der Zeitbedingtheit des Mediums Video verweist, sondern gerade das Verhältnis zwischen Betrachter und künstlerischer Formulierung als ein explizit performatives Bezugsverhältnis akzentuiert, souverän unterlaufen. [8]
Dynamik so zu verdichten, dass die filmische Repräsentation in Richtung skulpturaler Raumpräsenz tendiert. [10] Die hier angedeutete Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper und dessen Relation zur Architektur und zum Medium als virtuelle Fortsetzung des (öffentlichen) Raumes, nimmt die zeitverzögerten Videoinstallationen und verspiegelten, semi-transparenten Raumkonstruktionen Dan Grahams, in denen Betrachter und Betrachtergegenstand unter den Bedingungen der Mehrfachspiegelung miteinander verschliffen werden, vorweg und zwar nicht mehr in einer Apotheose des Bildgeschehens, sondern vielmehr durch die Verunklärung der Sphären des beweglich-aktiven Körpers und dessen Reflexionen. Ähnlich wie in Dan Grahams späteren Spiegel-Environments, erfährt sich der Betrachter in den Projektionsräumen der post-cinematischen Ära nicht mehr nur als ›Blick‹, sondern auch als körperlich-konkretes Subjekt, da die Dynamisierung des Raumes eine Verräumlichung der Zeitebene bedingt, die in den bewegten Bildern der Projektion neu zum Tragen kommt.
Fächerung des Blickwinkels in verschiedene Kameraperspektiven und die Dramaturgie, die durch die Steigerung der Fallgeschwindigkeit der Hausfassade gegen Ende des Loops eine Intensivierung des immer gleichen Geschehens in der körperlichen Eigenwahrnehmung des Betrachters bedingt, insistieren geradezu auf der »physischen Taktilität des cinematischen Erlebnisses« [11] , das Steve McQueen mit eigenen Worten beschreibt: »Indem der Film so an die Rückwand der Galerie projiziert wird, dass er sie von der Decke bis zum Boden und von der einen Seite zur anderen gänzlich ausfüllt, erhält er eine Art umgreifender Wirkung. Man wird in das Geschehen hineingezogen. Es soll eine stumme Erfahrung sein, denn wenn die Leute den Raum betreten, nehmen sie sich selbst stärker wahr, ihren eigenen Atem. Ich möchte die Leute in eine Situation versetzen, in der sie sich selbst spüren, während sie das Stück sehen.« [12] Forciert wird dieser Effekt durch die Reflektionen des Bildes auf dem Boden der Black Box, der für die Betrachter frei begehbar ist und sie die »raumgreifende Resonanz« [13] des Projektionslichtes als physische Realität erleben lässt, je näher sie an dasBild und damit an das Geschehen herantreten. Rosalind Krauss’ Feststellung, dass die physische Distanz des Betrachters zum Bild in den Installationen James Colemans wie in einem »Blitzlichtgewitter« verloren geht, lässt sich als ein generelles Phänomen der Kunstgattungen, die mit Lichtprojektionen arbeiten, verallgemeinern, denn das Charakteristikum der Videobilder, selbst das Licht im Raum zu erzeugen, ist eine maßgebliche Ursache für ihre starke Anziehungskraft, die sie auf die Betrachter ausüben, wenn sie das Dunkel betreten. [14] Die slapstickartige und zugleich beklemmende Wiederholung der Szene in McQueens »Deadpan« zitiert die monotone Sprache der Aktionen der 1970er Jahre, die es darauf anlegten, »das Betrachter-Subjekt im Zentrum seiner psychischen Präsenz zu treffen.« [15] So könnte man das Angstmoment, das sich auch beim Zuschauer einstellt, wenn sich die Hausfassade gefährlich in Richtung des Akteurs senkt, etwa mit Chris Burdens Performance »Shoot« (1971) vergleichen, bei der er sich regungslos dastehend in den Arm schießen ließ, als nur eines aus einer Fülle von Beispielen vielfältiger performativer Ansätze, die seit den sechziger Jahren, auf
pragmatische Weise die physisch-psychischen Reaktionen des Publikums zwischen Lust und Angst, Ekel und Erregung provozierten.
des Films, bei der auch der Ton verloren geht, setzt Gordon die lineare Erzählung, die für den Aufbau der Spannung gerade in den Filmen Hitchcocks von zentraler Bedeutung ist, außer Kraft und verlegt den Akzent auf die absolute Präsenz des Augenblicks, auf die Theatralität isolierter Handlungsmomente, Gesten und Posen, deren Isolierung in eingefrorenen, expressiven Ausdrucksschemata Akteure und Betrachter über ein affektives Bezugssystem miteinander in Beziehung setzen. Erst durch die technische Voraussetzung des Videorecorders wurde diese Art der strukturellen Sezierung des Films und dessen Verwendung als ›Ready Made‹ möglich, denn die Kaderstruktur des Films, die bei der Drosselung der Abspielgeschwindigkeit in Erscheinung treten würde, bleibt in der verlangsamten Videoversion verborgen. Gordon hat sich dieses Verfahren der ›Videoanalyse‹ zu Nutze gemacht, um wie ein Wissenschaftler die ›Symptomatik‹ des Films als Prüfstein unseres kulturellen Selbstverständnisses zu untersuchen. Dass extreme geistige Zustände, Psychosen, Ekstasen, Wahn- und Euphoriedarstellungen die Ästhetik seiner kompilierten Filmmaterialien dominieren, trägt zurpsychologischen Aufladung seiner Rauminszenierungen bei, besonders wenn darin die Projektionsflächen frei stehen und beidseitig bespielt werden, so dass die Zuschauer motiviert sind, sich um die Bilder herum zu bewegen. Dabei ist es unvermeidlich, dass die Körper der Betrachter von den Projektorstrahlen getroffen werden und als Schatten, »wie ein negatives Eindringen in die Inszenierung«, [17]16 schemenhaft ins Bild fallen. Im de-konstruierenden ›Re-Framing‹ des vorgefundenen Filmmaterials tritt nicht nur die Beziehung zwischen Regisseur/Künstler, Betrachter und dem Begehren, das die Bilder evozieren, in ihrer ausbeuterischen Grundkonstellation offen zu Tage [18] , sondern durch die Reduktion des Mediums auf seine elementaren Strukturen entsteht auch eine Wahrnehmungsirritation, die dafür sorgt, dass sich das Publikum selbst beim Sehen des (verfremdeten) Filmmaterials beobachtet und ein Bewusstsein für seine eigene synthetisierende Funktion bei der Rekonstruktion der Film-Geschichte(n) entwickelt.
aber dennoch außerhalb herkömmlicher Zeit- und Raumdimensionen nach eigenen Gesetzmäßigkeiten organisieren. [20] Diesem Konzept der Heterotopie vergleichbar, verkörpern die cinematischen Räume eine andere Welt, die mit dem Schwindel, der Illusion, dem Zustand der Orientierungslosigkeit korrespondiert, dem die Darsteller in Hitchocks »Vertigo« oder in Sidney Lumets »Dog Day Afternoon« ebenso wie deren Verfremdungsformen der »Re-makes« von Douglas Gordon oder Pierre Huyghe unterliegen.
wie die Betrachter zu Teilnehmenden der szenischen Inszenierungen werden, sind die von Michael Fried kritisierten Parameter der Rezeptionsästhetik zum eigentlichen Wirkungsprinzip geworden.