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Themenicon: navigation pathKunst und Kinematografieicon: navigation pathMulvey/Wollen
»Riddles of the Sphinx«
Die Arbeit von Laura Mulvey und Peter Wollen zwischen Counter-Strategie und Dekonstruktion
Winfried Pauleit
 
Riddles of the Sphinx (Mulvey/Wollen), 1977
 
 
 

 

»The first blow against the monolithic accumulation of traditional film conventions (already undertaken by radical filmmakers) is to free the look of the camera into its materiality in time and space and the look of the audience into dialectics, passionate detachment.« (Laura Mulvey) [1] »But cinema, because it is a multiple system, could develop and elaborate the semiotic shifts that marked the origins of the avant-garde in a uniquely complex way, a dialectical montage within and between a complex of codes. At least, writing now as a film-maker, that is the fantasy I like to entertain.« (Peter Wollen) [2]

1. Eine Re-Lektüre Freuds

Der Titel des Films, »Riddles of the Sphinx«, kündigt das Konzept von Laura Mulvey und Peter Wollen bereits als Counter-Strategie an: Hier ist nicht Ödipus der Held, sondern die Sphinx steht im Zentrum, deren Geschichte im Verlauf des Films weiter erläutert wird. Thema des Films ist darüber hinaus eine komplexe Analyse der patriarchalen Gesellschaft, die sowohl die griechischen Mythen als auch den Alltag der 1970er Jahre umfaßt. Mulvey und Wollen beziehen sich mit

 

diesem Film auf die Schriften Freuds und insbesondere auf dessen Interpretation des Ödipus Mythos, im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes im familiären Dreieck. Der Film »Riddles of the Sphinx« beschäftigt sich kontrastierend mit der Mutterschaft, d.h. er interessiert sich für die kulturellen Konnexe einer präödipalen oder dyadischen Beziehung zwischen Mutter und Kind. Diese kritische Position gegenüber Freud folgt im Grunde Überlegungen von Theoretikerinnen wie Luce Irigaray, die nicht nur Freuds Prävalenz des ödipalen Dreiecks monieren, sondern auch dessen Idealisierung der Mutter-Sohnbeziehung in Frage stellen. [3] Aber dort wo Irigaray den Ödipus Mythos komplett verwirft, weil er offenbar nur die Mutter-Sohnbeziehung zwischen Jokaste und Ödipus anbietet, [4] da entdecken Mulvey und Wollen die Figur der Sphinx als »die vergessene [weibliche] Figur in einem ansonsten wohlbekannten Mythos« (Mulvey/Wollen 1977). So entwickeln Mulvey und Wollen das Thema ihres Films zum einen aus einer Re-Lektüre des Mythos. Gegen die patriarchale Filiation, die sich bei Freud im Ödipuskomplex formuliert, setzen sie als Counter-Strategie das Bild der

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