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Themenicon: navigation pathKunst und Kinematografieicon: navigation pathDebord
 
Geheul für Sade (Debord, Guy), 1952
 
 
 

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Fernsehen bezog, wirft eine wichtige Frage auf – ob nicht alle seine Filme, und insbesondere die späteren, auf irgendeiner Ebene im Sinne einer agonistischen Beziehung zum Fernsehen verstanden werden müssen, als Trauer des Ciné-fils über den (ersten) Tod des Kinos im Zeitalter des Fernsehens, was nichts anderes meint als das Ende dessen, was Raymond Bellour so treffend die »magische Klammer« eines spezifischen »klassischen« filmischen Dispositivs genannt hat. [35] Die verschiedenen neuen Beispiele von televisuellen Dispositiven, die in einigen späteren Filmen Debords vorkommen – in der Metro, im Verkehrskontrollzentrum der Polizei – stehen in einer dramatischen Spannung zu dem cinephilen Katalog von Filmen, die im Vorspann aufgelistet sind und dann – oft in einiger Länge – zitiert werden: John Ford, Nicholas Ray, Joseph von Sternberg, Raoul Walsh, Orson Welles, Sam Wood – ausnahmslos Klassiker einer Bildökonomie, die als solche bereits in zunehmendem Maße anachronistisch wurde angesichts ihrer Verdrängung durch die Allgegenwart des Fernsehens und seiner besonderen syntaktischen und semantischen Logik. In gewissem Sinn könnte man sagen, dass dieser Anachronismus

 

bereits der metacinematischen Geste implizit war, die in der Praxis des ciné-détournement, der Zitation von Bildern aus der Geschichte des Kinos bestand. Dies würde auch erklären, warum Debord sich in seinem televisuellen Testament entschieden hat, die Totalität seines filmischen Oeuvres einfach im Sinne der grundlegenden formalen Geste von »Hurlements« {siehe »Hurlement en faveur de Sade«} zu präsentieren – denn es ist hier, in der Anti-Bild-Politik seines lettristischen success de scandal, wo der unabdingbar kino-bezogene Charakter seiner Faszination (buchstäblich das Schwarz und Weiß des Zelluloidstreifens) als solcher manifestiert wird. [36]

Geht man von Debords tiefem Misstrauen gegenüber dem Televisuellen aus, warum sollten seine Filme dann plötzlich nach seinem Tod im Fernsehen wiedererscheinen? In seinem Brief an mich von 1987 hatte er erklärt, dass einer der Gründe, warum er das Gefühl hatte, es nicht länger riskieren zu können, seine Filme im Umlauf zu lassen, mit »strukturellen Veränderungen« zu tun hatte, denen die Filmindustrie unter dem Druck des Fernsehens ausgesetzt sei. Nicht bereit zu riskieren, dass seine Filme einfach in das

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