Hinweis: Wenn Sie diesen Text sehen, benutzen Sie einen Browser, der nicht die gängigen Web-Standards unterstützt. Deshalb wird das Design von Medien Kunst Netz nicht korrekt dargestellt. Die Inhalte selbst sind dennoch abrufbar. Für größtmöglichen Komfort und volle Funktionalität verwenden Sie bitte die empfohlenen Browser.

Themenicon: navigation pathKunst und Kinematografieicon: navigation pathWüsten des Politischen
 
 
 
 
 

icon: previous page

komplementär der entleerte Zuschauer gegenüber. In den Kastenräumen bzw. »Dunkelkammern« der neuen minimalistischen Kinoarchitekturen der sechziger Jahre werde die Zeit komprimiert und angehalten; der Zuschauer werde mit einem »entropischen Zustand« versorgt. »Zeit in einem Kino zu verbringen heißt, ein ›Loch‹ in sein Leben zu schneiden.«[67] Diese Entleerung oder Perforierung des Zuschauerlebens in den kinematischen Druckkammern der Zeit kann auch als eine Zombifizierung verstanden werden. Der Mensch im Kino wird herausgelöst aus der Zeit. Er verliert seine humane Temporalität, wird untot. Damit ähnelt er den Robotern und Automaten in den Filmen von Hitchcock und Corman, aber auch den passiven Gestalten modernistischer Entfremdungsästhetik bei Antonioni, die von ihrer artifiziellen, entemotionalisierten Umgebung derealisiert und ausgehöhlt werden. Für den französischen Film- und Kunsttheoretiker Jean Louis Schefer ist der »gewöhnliche Mensch des Kinos« der »dasitzende Mensch, der virtuelle Pol des kinematographischen Apparats und Bildes«. Im Kino sitzend lebt er »ganz und gar das momenthafte Leben

 

eines inchoativen Menschen«, das heißt, eines Menschen am Anfang, der nicht anders kann, »als mit einer Entwöhnung und einer Art von Ent-Wohnung der Welt zu beginnen.«[68] Das Kino lässt die »Welt in uns verschwinden«, unseren Schwerpunkt verlieren. Es amputiert uns als moralische Wesen.[69] Mit anderen Worten: Wir werden zu elternlosen Replikanten, kontrolliert von einem Automaten, der in uns wirkt oder hinter uns steht, und uns im phantomalen Zustand einschließt. Der totale Kontextverlust im Kino, die Abtrennung von Biografie und Biologie, das Eintreten in die Zeitlosigkeit: Smithsons »ultimate film goer« scheint der inchoative Mensch schlechthin, ein »Gefangener der Trägheit«: »Film um Film würde sich vor ihm abspulen, bis alle Filmhandlungen in einem immensen Reservoir der reinen Wahrnehmung versänken. Er könnte nicht zwischen guten und schlechten Filmen unterscheiden, alles würde verschluckt in endlosen Trübungen und Verläufen der Bilder. […].«[70] Ein solches Vegetieren in der multimedialen Tropfsteinhöhle ist der Abschluss der Rezeption. Ein Trancezustand ohne Erlösungsperspektive, das Gegenteil auch der

icon: next page